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GCM 5-2016

  GCM 5 / 2016 GERMAN COUNCIL . Vertrauen IST DER »TAG DER ARBEITSRUHE UND DER SEELISCHEN ERBAUUNG« NOCH ZEITGEMÄSS? Oh du Fröhliche: Verdi und die Kirchen machen gegen die Sonntagsöffnung mobil – Wie die Städte und der Handel darauf reagieren Der Handel muckt auf: Karstadt und HDE ma- chen Front gegen das Ladenschlussgesetz und die seit Juni 2006 gültige »Föderalismusre- form«, mit der die Gesetzgebungskompetenz in Sachen Ladenschluss und Sonntagsöffnung vom Bund auf die Länder übertragen wurde. Mit verheerenden Folgen: Nun kann jedes Land sein eigenes Süppchen kochen und, wie es so schön heißt, »die Ladenöffnungszeiten nach den Bedürfnissen der Bevölkerung ausrichten« – was in der Praxis, je nach Kampfgeist und good will von Gewerkschaften, Kirchen, Landes- oder Stadtregierungen zu ungerechten Verwer- fungen führt. Denn, so Josef Sanktjohanser, Präsident des Han- delsverbandes HDE: »Weil in dem einen Bundes- land diese und in dem anderen jene Regelung gilt, sind Standortnachteile vorprogrammiert.« Während Karstadt die völlige Freigabe für Sonn- tagsöffnungen fordert, plädiert der Handelsver- band für eine moderate, bundeseinheitliche Lö- sung mit zehn verkaufsoffenen Sonntagen pro Jahr und Öffnungszeiten von 13.00 bis 18.00 Uhr – ohne, dass es dafür einen besonderen An- lass geben müsse, so der HDE-Präsident. Was von den Hardlinern auf der anderen Seite – bei den Kirchen und Gewerkschaften – auf er- bitterten Widerstand stößt. Der siebte Wochen- tag stehe als »Tag der Arbeitsruhe und der see- lischen Erbauung« unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Alles fr die »Wohlfahrt der Ver- braucher«? Rückblende. Seit 2003 gelten in Deutschland Öffnungsverbote an allen Sonn- und gesetzli- chen Feiertagen, werktags bis 6.00 und nach 20 Uhr sowie am 24. Dezember (wenn Heilig- abend auf einen Werktag fällt) bis 6.00 und ab 14.00 Uhr. schluss kennt und nicht der »seelischen Erbau- ung« dient. Doch nicht nur das: Auch innerhalb der Grenzen beschert das juristisch verschärfte Gerangel um die »Wohlfahrt der Verbraucher« und den »Arbeitnehmerschutz« dem Handel beträchtliche Standortnachteile, zumal die Spielregeln durch ein Urteil des Bundesverwal- tungsgerichts vom 11. November 2015 noch einmal verschärft wurden. Demnach habe eine Öffnung der Geschäfte ge- genüber der als Anlass dienenden Veranstal- tung nur eine »untergeordnete Bedeutung«. Sie sei gewissermaßen das Anhängsel eines pu- blikumswirksamen, öffentlichen Events. Es ist die hohe Zeit der Spassbremsen Zudem müsse die Verwaltung im Vorfeld der Veranstaltung eine verlässliche Prognose der zu erwartenden Besucherzahl abgeben, um die »Strahlkraft« des Events (zum Beispiel eines Stadtfestes oder eines Weihnachtsmarktes) zu untermauern. Was schon angesichts der unvor- hersehbaren Witterungsbedingungen nahezu unmöglich ist. Dennoch: Aufgrund der mangelnden Prognose hatte das Oberverwaltungsgericht Münster im Sommer 2016 einen verkaufsoffenen Sonntag in Velbert verboten, der parallel zu einem Kinder- fest stattfinden sollte. Begründung: Das Shop- ping-Erlebnis dürfe nicht im Vordergrund stehen. Ja, es ist die hohe Zeit der Spaßbremsen. Auch in Münster spitzte sich die Lage zu. Hier wie andernorts waren Verdi und die Kirchen die Speerspitze des Widerstands, der in einem »Bündnis für den freien Sonntag« gipfelte. An- lass war ein Ratsbeschluss vom 11. Mai 2016, wonach bis 2019 eine begrenzte Zahl von ver- kaufsoffenen Sonntagen in der Innenstadt und verschiedenen Stadtteilen stattfinden sollte – nicht nur zur Freude der Einzelhändler, die sich Planungssicherheit erhofften, sondern auch der Kunden. Immerhin: Verkaufsstellen für Bäckerwaren dür- fen werktags schon um 5.30 Uhr öffnen, und es gibt Sonderregelungen für Geschäfte in Bahn- höfen, Flughäfen und bestimmten Urlaubsregi- onen. Und: Anlässlich von Märkten, Messen und ähn- lichen Großveranstaltungen sind vier verkaufs- offene Sonn- und Feiertage pro Jahr mit einer Verkaufszeit von fünf Stunden bis 18.00 Uhr möglich. So weit – so gut. Doch dann kam die »Föderalis- musreform«, die allen Deregulierungs-Bestre- bungen in einem vereinten Europa Hohn sprach. Ganz abgesehen davon, dass sich unsere euro- päischen Nachbarn und die Outlet-Center, die hinter der Grenze »Gewehr bei Fuß stehen«, den Teufel um die deutschlandweit verordnete Sonntags- und Friedhofsruhe scheren – und auch das Internet bekanntlich keinen Laden- HDE-Präsident Josef Sanktjohanser

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