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GCM 5-2016

  GCM 5 / 2016 GERMAN COUNCIL . Vertrauen Viele Menschen beklagen beim Einkaufen den Service. Kann ein Roboter so etwas vielleicht so- gar besser leisten?  Hermann Scherer:  Sicher werden in Zukunft Roboter freundlicher sein können als be- stimmte Menschen heute, und natürlich wer- den sie in nahezu allen Bereichen den Ser- vice deutlich verbessern, aber durch sie bzw. die Digitalisierung im Allgemeinen können Menschen auch an sich weiterarbeiten und mehr Muße für schöne Dinge haben, um so bessere – und freundlichere – Menschen zu werden. Nein, ich sehe die Digitalisierung und die Roboter nicht als Fluch, aber wir müssen natürlich darauf achten, dass sie uns nicht zu viel wegnehmen und uns mit ihrer zunehmenden künstlichen Intelligenz be- herrschen. Wem oder was vertrauen Sie?  Hermann Scherer: Man sollte vor al- len Dingen sich selbst vertrauen, oft aber setzt man mehr auf Andere. Ich habe einmal gesagt, Vertrauen ist der Mut, das bewusste Risiko einzu- gehen, enttäuscht oder verletzt zu werden – auch von sich selbst. Per- sönlich bin ich sehr misstrauisch. Das mag auch daran liegen, dass ich zu oft Menschen erlebt habe, die sich stark überschätzt haben. Viele erzählen Ihnen, was sie alles drauf ha- ben – da fallen mir zahlreiche Dienstleister ein – und dann steht man da, hat viel Zeit und Geld in sie investiert, und letztlich kommt nichts wirklich Gescheites dabei raus. Wenn aber einmal jemand es wirklich ge- schafft hat, mein Vertrauen zu gewinnen, dann vertraue ich ihm auch nahezu blind. Es gibt in meinem beruflichen Umfeld höchs- tens zwei, drei Menschen, auf die das zutrifft. allgemein gehören natürlich dazu. Wenn ich mir zum Beispiel Umkleidekabinen vorstelle, wie sie immer noch daherkommen, dann ist da noch viel Verbesserungspotenzial. Ein Con- cierge-Service wie z. B. bei Breuninger zeigt, wohin der Weg geht. Die Ratgeber-Funktion des Personals halte ich nämlich ebenfalls für sehr relevant genauso wie das Aufmerksam machen und den zwischenmenschlichen Aus- tausch ganz generell. Immer häufiger verwendet man ja den Begriff »Einkaufserlebnis«. Auf diesem Gebiet hat sich aber wirklich sehr vieles gewandelt. Wir leben in einer an Erlebnissen immer ärmeren Gesellschaft. Früher hatte man Spaß am Mittagstisch. Heute muss man ins Disneyland fahren oder – weil’s viel praktischer ist und schneller geht – ins Einkaufs- zentrum gehen. Der Begriff Shopping Center ist inzwischen längst nicht mehr passend, weil er deutlich zu kurz greift. Begegnung, Kommunikation, Erlebnis taucht dabei ja gar nicht auf. Was fällt Ihnen sonst noch zum The- ma Shopping Center ein?  Hermann Scherer:  Ich kann mich noch gut an meine ersten Begegnungen mit Einkaufszentren erinnern. Damals zu meiner Studienzeit, die ich unter anderem in Koblenz verbrachte, gab es noch das – heute muss man sagen »alte« – Löhr-Center. Ich erinnere mich an ein außergewöhnliches Tarzan-Event und an den Center-Macher Helmut Koprian. Erlebnis war also damals schon angesagt. Erinnern Sie sich an den schönsten Satz, der je- mals über sie gesagt wurde.  Hermann Scherer:  Der schönste Satz kam sinngemäß bestimmt von irgendeiner bild- Bei Marken und Medien bin ich extrem vor- sichtig. Samsung und VW sorgen ja aktuell für immer wieder neue Schlagzeilen und haben gewaltige Imageverluste zu beklagen. Der Vertrauensbegriff ist mit Blick auf Marken viel zu hoch angesetzt. Tageszeitungen und Fern- sehen kommen in meinem Leben nur am Ran- de vor. Für meine Seele ist die diesbezügliche Zurückhaltung wohltuend, aber man kann sich natürlich in meinem Beruf nicht völlig da- von freimachen. Muss sich hier nicht vieles ändern?  Hermann Scherer: Ganz ohne Frage. Tageszei- tungen sollten zum Beispiel noch viel mehr auf Lokalität setzen. Im Wirtschaftsbereich sehe ich viel Luft nach oben bei den Sparkas- sen. Ich hatte neulich einen Workshop mit Sparkassen-Vorständen, und da haben wir uns über radikales Weglassen unterhalten. Da war ich sehr frech und machte den Vorschlag: Wie wär’s denn mal mit Geld? Nein, ganz im Ernst, sie muss sich ihrer regionalen Rolle meiner Meinung nach neu bewusst werden. Was muss sich denn beim stationären Handel ändern?  Hermann Scherer:  Ich glaube, dass der Han- del noch Dutzende Funktionen besser aus- üben muss, die ich gar nicht alle benennen kann. Warenverfügbarkeit und Service ganz ›Man sollte vor allen Dingen sich selbst vertrauen, oft aber setzt man mehr auf Andere.‹ Hermann Scherer

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