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GCM 5-2016

  GCM 5 / 2016 GERMAN COUNCIL . Vertrauen eShops machen stationären Läden wachsende Konkurrenz; Klassikkonzerte kämpfen schon viel länger mit Musikalternativen. Was hält sie über die Jahrhunderte attraktiv?  Leo Siberski: Klassikliebhaber würden niemals wegen einer CD auf das Live-Erlebnis verzich- ten. Aber die Anzahl von Menschen, die nicht in Klassikkonzerte gehen, wächst. Heute kon- kurrieren wir mit Musicals, Rockkonzerten und Kinos. Das ist ein wachsendes Problem. Ob Bach, Beethoven oder Mozart – die Klassik zählt zu unseren kulturellen Wurzeln. Aber wis- sen wir noch, was sie verkörpert? All diese Stü- cke besitzen immanente Weisheit, der sich nie- mand entziehen kann, wer sie begreift. Deshalb gibt die Kulturförderung Abermillionen dafür aus, sie zu erhalten. Viele Produktionen, ob in Konzert oder Oper jedoch zeigen Kunst um der Kunst willen. Sie schaffen keine zeitgemäßen Bezüge, die Zuschauern helfen zu denken: Ge- nau das ist mir letzte Woche auch passiert! Wir müssen mehr dafür tun, die Klassik attraktiv zu halten, indem wir ihre faszinierende Verwandt- schaft zum Kosmos des Lebens aufzeigen. Was schlagen Sie vor?  Leo Siberski:  Mehr Erlebnisqualität! Museen ist es auch gelungen, ihre Angebote für jede Wissens- und Alterstufe schmackhaft zu ma- chen. Oder nehmen Sie Marktplätze. Mit den Shopping Centern erfanden sie sich neu. Trotz- dem müssen sie fortwährend dafür sorgen, sich von anderen Einkaufsorten zu unterscheiden und für neue Erlebnisse sorgen, ohne Identität einzubüßen. Ich glaube, der Klassik geht es nicht viel anders. Einerseits gilt es für Shopping Center, die traditionellen Stärken wie Anfassen, Ausprobieren, menschliche Begegnung und Be- ratung zu schützen. Andererseits kann ich Lä- den nicht statisch wie Heiligtümer schützen. Deshalb müssen meiner Meinung nach Omni- Channel-Konzepte integriert werden. Vielleicht werden wir in Malls künftig Ausstellungsräume ohne Klamotten vorfinden. Ich logge mich ein, wünsche einen roten Pulli und schwupps rollen Kleiderständer mit roter Ware aller Stores, Mar- ken und Preiskategorien hinein. Das ist viel ent- spannter als bei TK Maxx gefühlte 50.000 Klei- dungsstücke zu durchwühlen. Was verhindert, dass traditionelle Werke zeit- gemäß inszeniert und vermarktet werden?  Leo Siberski: Der Konzertbetrieb kennt zu viele Tabus. Frackzwang, kein Multimedia, der Kon- zertaufbau: Ouvertüre – Solokonzert – Pause – Symphonie oder das Nicht-Sprechen oder -Erklä- ren. Wir sind dominiert von »Hütern des heili- gen Grals«. Für sie ist es undenkbar, dass es Menschen gibt, die sich nicht jeden Tag mit Klas- sik beschäftigen. Doch genau die werden immer mehr! Wir müssen Konzertbesuchern Brücken bauen, um wieder in die Musik und Themen reinzukommen. Den Hamburger Generalmusik- direktor Gerd Albrecht machten seine Erzählkon- zerte berühmt. Noch heute schwärmen die Han- seaten davon. Ebenso Leonard Bernstein, der in den USA mit seinen Sendungen ganze Generati- onen für die Klassik begeistert hat. Aber leider etablierte sich diese Revolution nicht, obwohl der Bedarf heute offensichtlicher ist als je zuvor. Kurzum: Soll die Klassik überleben, braucht sie Übersetzer. Konzertbetriebe sollten mehr wie eine Kirche funktionieren: Statt die Bibel zu insze- nieren, sollten wir predigen. Wie Pastoren gilt es, die in Stein gemeißelten Bibelworte der Gemein- de durch aktuelle Bezüge nahzubringen. Aber stattdessen drucken unsere Programmhefte Vitas und Anekdoten ab, oder Veranstalter halten ab- gehobene Einführungsvorträge. Ohne Vorwissen stehen die Besucher da wie der Ochs vorm Berg. Wir stehen am gleichen Punkt wie die Haute Cui- sine vor einigen Jahren. Und schauen Sie, welche Popularität sie durch Köche wie Jamie Oliver oder Tim Mälzer wiedergewann. Natürlich, Meister- werke sind Heiligtümer, die man nicht hoch ge- nug bewundern kann. Aber nur lebendig vermit- telt werden sie wieder die ganze Gesellschaft und nicht nur elitäre Kreise erreichen. Das Gespräch führte Rahel Willhardt, freie Journalistin 360 Grad Information, 100 Prozent Service! www.hi-heute.de Garantiert 100 % Zielgruppe: Kom- munizierenSieIhreWerbebotschaft jetzt auf HI-HEUTE.DE – dem neuen Medium für die Handelsimmobili- enbranche! Maestro des Crossover Sollte man die Laufbahn des Dirigenten, Pianisten, Trompeters und Producers Leo Siberski in einem Wort beschreiben, fiele wohl zwangsläufig das Wort »Crossover«. Sowohl in der stilis­ tischen Bandbreite seines Repertoires von Klassik bis zu Elektronischer Musik als auch in den verschie- densten Konzertformaten von Open-Air-Konzer- ten mit zehntausend Zuhörern bis hin zum inti- men Jazzclub, spiegeln Verschmelzung von ver- meintlichen Gegensätzen und spektakuläre Grenz- überschreitungen sein Credo wieder. Seine erste Karriere als Orchestermusiker führte ihn bereits mit 21 Jahren an die Staatsoper Unter den Linden und in das Bayreuther Festspielorchester. Vor 20 Jahren beschloss er dann Dirigieren zu studieren. Er dirigierte Orchester wie die Dresdner Staatska- pelle, die Sinfonieorchester des SWR und des MDR und das London Philharmonic Orchestra.

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