Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

GCM 2-2015

GCM 2 / 2015   GERMAN COUNCIL . Transparenz on bekämpft wird. Man darf aber nicht verges- sen, dass die Offenlegung auch diabolische Sei- ten hat. Die Gefahr besteht darin, dass die transparente Gesellschaft von heute in eine Kontrollgesellschaft umschlägt. Die unzähli- gen Über­wachungskameras verdächtigen jeden von uns. Sie stellen die Kehrseite der durchsichti- gen Gesellschaft dar. Der Nackt-Scanner, der den Körper durchleuchtet, ist über seinen tatsächli- chen Nutzen hinaus ein Symbol unserer Zeit. Der Ruf nach Transparenz deutet vor allem auf die heutige Vertrauenskrise hin. In einer kleinen Ge- meinschaft, in der jeder jeden kennt, herrscht Gewissheit. Die Frage nach Vertrauen stellt sich erst in einer größeren Gesellschaft, in der auf- grund ihrer Komplexität keine unmittelbare Ge- wissheit möglich ist. Das Vertrauen ist ein Zu- stand zwischen Wissen und Nichtwissen. Es er- ge und Kontrolle aus. Rückzugsräume, in de- nen ich mich meinen besonderen Neigungen hingeben könnte, wären ökonomisch ineffizi- ent. Die Ausleuchtung wäre hier eine sehr effi- ziente Form von Ausbeutung. Heute leben wir alle in einem »Big Brother«- Container, in dem es nicht möglich ist, sich zu verbergen, ein Geheimnis zu haben. Es ist eine Ironie, dass die aktuelle Staffel der Fernsehse- rie »Big Brother« den Titel »The Secret« trägt. Jeder kommt in den Container mit einem Ge- heimnis. Wer das Geheimnis des anderen ent- deckt, bekommt ein »Goldenes Ticket« und ist sicher vor dem Rausschmiss, bis auch einer der anderen das Geheimnis entdeckt. Eine schreck- liche Gesellschaft. Hier ist keine menschliche Beziehung mehr möglich, keine Freundschaft, möglicht eine Handlung trotz des Nichtwissens. Gerade da, wo das Vertrauen schwindet, wird der Ruf nach mehr Transparenz laut. Da aber kein Vertrauen mehr da ist, wird sie allein durch Kontrolle erreicht. Aber Transparenz in der Wirtschaft ist doch sinnvoll?  Byung-Chul Han:  Die Transparenz erhöht wo- möglich die Effizienz. Sie ist vielleicht kein ethi- scher oder politischer, sondern letzten Endes ein ökonomischer Imperativ. Sie vernichtet deshalb Rückzugsräume, weil dadurch mehr Effizienz, mehr Leistung erwartet wird. Die Of- fenheit und Transparenz bringt nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Zwang hervor. Die offenen Büroräume etwa, in denen ich den Bli- cken anderer ausgesetzt bin, üben auch Zwän- ©MichaelHudler

Übersicht