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GCM 3-2014

  GCM 3 / 2014 GERMAN COUNCIL . Power Sinnstiftung. Worte haben Macht, wenn sie Kopfzerbrechen been- den und Plausibilität erzeugen. Helmut Kohl hat gesagt: »Man muss doch die Dinge auf den Punkt bringen!« Leider hat er das verkündet, als er in Amerika Gorbatschow mit den Nazi-Propagandisten Goeb- bels verglich. Das machte er gern. Der SPD-Abgeordnete Wolfgang Thierse erinnerte ihn an Hermann Göring von der NSDAP. Für beide Vergleiche hatte er anschließend kleinlaut den Schwanz einzuzie- hen. Machtworte können auch verunglücken. Von einem Philosophen mit einem geradezu wortkargen Werk, dem in England lehrenden Ludwig Wittgenstein, ist uns die Warnung in Erin- nerung, dass die Grenzen unserer Sprache die Grenzen unserer Welt sind. Und man folglich über das, worüber man nicht reden könne, ein- fach schweigen solle. Das ist aber ein gänzlich untauglicher Rat für jene, die Geschäfte machen wollen oder müssen. Wer seine Ware nicht zu loben weiß, wird auf dem Basar nicht glücklich. In der Politik herrscht gar die Logik aus Tausend-und-einer-Nacht: Die Märchener- zählerin entgeht nur so lange dem Tod, wie sie neue Stories zu erzäh- len weiß. Nacht um Nacht. Man kann diesen Narrationszwang der Poli- tik sparsam gestalten, wie es Angela Merkel tut, aber auch dann will die »Mutter der Nation«-Saga gestrickt sein. Geschichten haben Macht über die Menschen, weil sie angesichts der Kontingenz des Lebens Sinn stiften, Orientierung gewähren oder zumindest einen fiktionalen Raum für die Fantasie eröffnen, in dem dann mal das Gute gewinnt und das Böse untergeht. Deshalb läuft jeden Sonntag der »Tatort«, den die Menschen nötiger haben als den Gottesdienst. Die Zuschauerzah- len beider Veranstaltungen beweisen es. Die kommunikative Disziplin des Geschichtenerzählens und Worteschmie- dens nennt sich nach amerikanischem Vorbild Public Relations oder Öf- fentlichkeitsarbeit. Hier sitzen »spin doctors« oder Zweckdichter über komplizierten Sachverhalten oder langweiligen Anliegen und versuchen diese in eine Narration zu fassen, die Interesse weckt und in Erinnerung bleibt. Dabei findet dann eine ingenieurgetriebene Automarke aus Sach- sen, die zunächst Horch hieß, den Namen Audi (lateinisch für Horch) und das Motto: »Vorsprung durch Technik«. Das ist ein so geniales Wort wie das der Münchner Konkurrenz, die »Freude am Fahren« zu vermitteln weiß. Toyotas Hinweis, dass »Nichts …unmöglich« sei, entflieht da eher ins Ungefähre. Und die Frage von Opel, wie denn die Unterhose des Man- ta-Fahrers heiße (»Rüsselsheim«) ruiniert das Spiel ganz. Witz kommt von »esprit«; es braucht ein wenig Geist, um den Worten Macht zu verleihen. Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Klaus Kocks Klaus Kocks wurde am 13. März 1952 in Oberhausen geboren. Nach dem Abitur absolvierte er von 1970 bis 1976 ein Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Germanistik und Philoso- phie an der Ruhr-Universität in Bochum. Er legte beide Staatsexa- men mit Auszeichnung ab. 1981 promovierte er dort summa cum laude und erhielt für seine Dissertation den Universitätspreis sei- nes Jahrgangs. Kocks begann seine Industriekarriere 1981 bei der Ruhrkohle AG in Essen als Ghostwriter des Vorstandsvorsitzenden. Von 1985 bis 1987 war er Alleingeschäftsführer der Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft (IZE) in Frankfurt und verantwortete seit 1986 zugleich als Nationaler Koordinator die PR der Hersteller und Betreiber der Kernkraftwerke in Deutschland. Von 1988 an war er Hauptabteilungsleiter für Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenssprecher bei der Aral AG in Bochum und von 1990 bis 1993 Bereichsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der VIAG Aktiengesellschaft Berlin/Bonn und der VAW aluminium AG Berlin/Bonn. Anschließend wechselte er als Direktor und Hauptbereichsleiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Ruhr- gas AG, Essen. Von 1996 bis 2001 wurde er zum Mitglied des Volks- wagen-Vorstandes (Ressort Kommunikation) sowie zum General- bevollmächtigten der Volkswagen AG bestellt. Kocks ist seit 2002 freier Meinungsforscher und Kommunikations- berater. Kommunikationsmanagement lehrt Kocks als Honorarprofessor nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz an der Hochschule Osnabrück. Er nimmt weitere Lehraufträge an internationalen Hochschulen wahr. Kocks schreibt als Publizist Kolumnen und Kon- zeptionen und engagiert sich in der Wissenschaftspolitik und Kul- turförderung.

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