Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

GCM 3-2014

  GCM 3 / 2014 GERMAN COUNCIL . Power Wohl oder Wehe der Worte Wer seine Ware nicht zu loben weiß, wird auf dem Bazar nicht glücklich Wir sind beeindruckt von Menschen, die zu reden wissen. »Blood, toil, tears and sweat«, das hat Churchill seinen Landsleuten angedroht, und er ist bis heute als Staatsmann in Erinnerung. Aber gute Reden sind ge- fährliche Unterfangen. Denn gleichzeitig wächst in uns die Skepsis, ob die Meister des gewählten Wortes auch die Wahrheit sagen. »Häuptling Silberzunge« denkt der Hinterkopf bei einem allzu glatten Lügner. Re- dekunst ist eine zweischneidige Geschichte, wenn sie zu eingebildet oder aufgeblasen daherkommt; findet sie aber zu einfachen Formen, verges- sen wir sie nicht mehr. Wenn die Macht über die Worte ein regelrechtes Sprichwort gebo- ren hat, so will uns dies nicht mehr aus dem Kopf. »Yes, we can!« hö- ren wir Obama sagen. Wir erinnern uns an John F. Kennedy, der ein Berliner war, und an Martin Luther King, der einen Traum hatte. Wil- ly Brandt rang sich geradezu gequält das Wort ab, dass man mehr Demokratie wagen wolle. Das Motto einer Epoche hatte eine sicht- bar schwere Geburt, obwohl es doch auf einem Blatt Papier vor dem Redner schon stand. Das Charismatische guter Rhetorik fällt uns auf, weil so vieles andere, was dahergeredet wird, einfach Geplapper ist. Christian Wulff, der untote Präsident, ist dafür ein Beispiel. Selbst in seinem Rechtfertigungsbuch schreitet ein rhetorisch eher Minderbe- mittelter wie ein Storch durch den Salat. Man darf Bundespräsiden- ten ja nicht mit ihrem Amtsvorgänger Heinrich Lübke vergleichen. Dem wurde der Redebeginn anlässlich einer Afrikareise zugeschrie- ben: »Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger …« In der Antike war es eine Frage von Wohl oder Wehe, ob man sein Wort zu machen wusste, jedenfalls für jene Bürger, die sich auf dem Capitol oder der Akropolis um das Gemeinwesen kümmerten. Es wurde auch schon mal ein Gegner in die Verbannung geschickt oder ein vermeintlicher Tyrann ermordet. Der römische Politiker Cato ge- rierte sich als Wächter der guten Sitten und gab die Parole aus: »Widme dich der Sache, dann werden die Worte dir schon folgen.« Friedrich Schiller William Shakespeare ©Shutterstock.com ©Shutterstock.com

Übersicht