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GCM 3-2014

GCM 3 / 2014   GERMAN COUNCIL . Power bung, Medien: Wenn die etablierten In- dustrien sich zieren, mehr als nur ihre Lobbyabteilungen in die Stadt zu schi- cken, dann wird diesen wackeligen, weil konjunkturanfälligen Branchen eine Auf- merksamkeit zuteil, die andernorts in Deutschland nicht selbstverständlich ist. Und so laufen viele Leute durch die Berli- ner Lokale mit einem Laptop unter dem Arm und einem Projekt auf der Festplatte, das sie garantiert morgen reich machen wird. Heute wird aber erstmal gefeiert – und danach wird ausgeschlafen. Berlin war nach dem Krieg eine Transfer- stadt – diesseits und jenseits der Mauer. In den Westen flossen die Subventionen aus der alten Bundesrepublik, um den strategischen Brückenkopf mitten im Ostblock zu unterhalten. Im Osten arbei- tete die Provinz für die Hauptstadt der DDR, die sich einen überdimensionier- ten sozialistischen Planwirtschaftswas- serkopf heranzüchtete, der – weil unbe- zahlbar – das System glücklicherweise zum Einsturz brachte. Die daraus erwachsene Subventionsmentalität ist im Ost- wie im Westteil der Stadt immer noch sehr leben- dig. Und so bleibt Berlin auf absehbare Zeit eine Transferstadt, die weitgehend von dem Geld lebt, das woanders erwirtschaftet wird und ihr durch die verschiedensten Ka- näle zufließt – etwa über den Länderfinanz- ausgleich oder durch die zahlreichen Tou- risten. Das Gesamtkunstwerk Berlin funktioniert als Zuhause für die Spaßgesellschaft. Auf diesen Zug ist die Stadt erfolgreich aufge- sprungen. Doch es kann böse für die aus- wärtigen Immobilieninvestoren enden, die inzwischen schon wieder in Scharen in die Stadt geströmt sind. Natürlich wird Zuge- reisten in der Gemengelage aus Jugend- lichkeit, Lebhaftigkeit und Aufbruchstim- mung schnell schwindlig. Unter ihnen sind nicht wenige wohlhabende Zeitgenossen aus dem Ausland zu finden, die den Zentra- lismus a la London, Paris, Moskau gewöhnt sind – und Berlin auf einem ähnlichen Weg wähnen. Eine solche Stadt braucht Shop- ping Center, braucht moderne Büros, braucht vor allem Wohnraum – heute, schnell, zentral und in jedem Stadtteil, denn noch ist Platz. Immer mehr als unüberwindbar geltende Preisbarrieren werden inzwischen nach oben durchbrochen. Doch ist die Basis für den Höhenflug tragfähig? Diese Basis be- steht immer noch ganz altmodisch aus wirtschaftlichen Aktivitäten mit dem Mit- telstand als Rückgrat; aus einem Mangel an bebaubaren Grundstücken, der sich in Ber- lin angesichts vieler Freiflächen längst noch nicht abzeichnet; aus einer modernen kommunalen Verwaltung und einer welt- läufigen Bevölkerung, die nicht gedanklich im Kiez festhängt. Berlin hat Potenzial – ohne Zweifel. Doch letztlich drohen dem Immobilienmarkt spani- sche Verhältnisse. Nämlich dann, wenn die Preise so mit Luft aufgepumpt werden, dass diese irgendwann wieder entweichen muss. Auch Spanien hatte in den Jahren nach der Jahrtausendwende enormes Potenzial, auch dort schien für den Markt der Himmel die Grenze nach oben zu sein, auch dort war alles möglich und die Stimmung prächtig. Bis die Finanzkrise von 2008 dem Freudentaumel ein jähes Ende bereitete. Berlin, Du bist so wun- derbar – fast liegst Du schon am Mittelmeer. Ein Beitrag von Steffen Uttich, Leiter Fonds­ management, BEOS AG Steffen Uttich schrieb rund elf Jahre lang für die F.A.Z., schwerpunktmäßig über Geldan­ lage- und Immobilien­themen. ©Thinkstock.com

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