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GCM 3-2012

  GCM 3 / 2012 GERMAN COUNCIL . Verführung für Fortgeschrittene »Ich fühle mich so gut wie nach einem Urlaub!«, sollen Ihre Besucher nach der Show sagen. Wie bewerkstelligen Sie das? Das ist Hammer, das Publikum schwebt raus! Bei manchen hält dieses Gefühl noch Tage an. Wichtig ist, den richtigen Moment abzupassen. Im Finale geht die Post ab: Die Artisten kommen rein, die Musiker spie- len, Konfetti fliegt durch die Luft ... jetzt aufzuhören wäre wie nach ei- nem Fußballspiel. Ich muss die Gäste erst wieder beruhigen: Der Clown kommt zurück, spielt ein Lied von Charlie Chaplin, winkt und geht. In der Stimmung schweben sie dann nach Haus: »Nein, nach Ihnen«, »Bit- te schön«, »Schönen Abend« ... sie sind in einer verzauberten Stim- mung. Das kann man inszenieren. Bei jedem neuen Programm möchten Sie »alles anders als bisher«. Wie schaffen Sie es, Roncalli fortwährend neu zu erfinden? Das ergibt sich, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, ohne den Kontakt zur Vergangenheit zu verlieren. Wir legen gerade ein Archiv über die vergangenen 32 Jahre an. Heute schau’ ich mir mit großen Augen an, was bei uns vor 20 Jahren los war. Ich hatte mal ei- nen Artisten, der jonglierte mit 14 Gegenständen, der Weltrekord lag bei neun. Aber er nahm gasgefüllte Stangen, die sich in Zeitlupe be- wegten. Das war damals lustig, anders und modern. Heute wäre die Nummer zu langsam, seit MTV müssen die Schnitte schneller sein. Bei eine fahrbare Kuppel draufsetzen: Die warme Luft kann raus, die fri- sche rein, in zehn Minuten ist die Atmosphäre angenehm. Beim Black- out reguliert die Lichtsteuerung die Kuppel entsprechend. So hab ich mir viele Dinge überlegt: wohltemperierte Musik, haptische Materiali- en, psychologisch wirksame Farben, die Taktung der Künstler, sodass die Zuschauer denken: »Ach schad’, dass es schon vorbei ist.« Alle diese Rahmenbedingungen müssen stimmen. Und Sie wagten den Sprung hin zu wenig Tieren, mehr Artisten und Clowns, den unverwüstlichen Publikumslieblingen. Wir waren der erste Zirkus ohne Tierschau. Unser neuer Slogan: »Keine Angst vor wilden Tieren, wir haben keine!« Denn die Hemmschwellen der Menschen sind mittlerweile groß. Aber alle Leute lachen gern! Es gibt oft wunderschöne Frauen mit relativ hässlichem Mann. Sie sagen sich, der ist so lustig, mit ihm hab ich ein schönes Leben – besser als mit so einem faden Schönling. Gute Komiker sind mittlerweile rar. Frü- her gab es Karl Valentin, Hans Moser, Theo Lingen – einer besser als der andere. Warum? Sie tingelten und spielten vor 2000 Leuten. Nur so lernt man das Timing. Nix ist peinlicher als eine Pointe ohne Lacher. Ist sie zu lang, zu kurz oder zu spät – man wird sofort gnadenlos bestraft. Doch heute stehen Kaberettisten vor der Kamera, die noch nie vor Pub- likum gearbeitet haben. ©Roncalli ©UdoWeger

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