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GCM 3-2012

GERMAN COUNCIL . verführung für fortgeschrittene   GCM 3 / 2012 Vogelmännchen bauen prächtige Nester oder schlagen bunte Räder, Affen brüllen, Blütenblätter locken Insekten mit Duft- und Farbstoffen zum Nek- tar. Die Beispiele aus der Tier- und Pflanzenwelt verdeutlichen: Verfüh- rung ist ein aufwendiges Unterfangen. Die Gunst seines Gegenübers er- ringt niemand mit süßem Nichtstun. Dies gilt heute auch für die Verführung im Handel. Auf allen Kanälen und mit allen Mitteln wird um die Aufmerksamkeit und Gunst der Kon- sumenten geworben. Der Kampf um Attraktion und Attraktivität spitzt sich zu. Denn eine schier endlose Anzahl Verführer, also Einzelhändler, steht einer offenkundig endlichen Zahl von zu Verführenden, also Kon- sumenten, gegenüber. Wer bloß an menschliche Instinkte und Impulse appelliert, stößt zunehmend an Grenzen. Es gibt ein Zuviel von allem – oft präsentiert auf eine Weise, die viele Konsumenten langweilt oder sogar nervt. Zudem verändern neue Technologien die Art und Weise, wie die Menschen einkaufen. Dank mobilem Internet und Smartpho- nes haben sie heute die Möglichkeit, jederzeit und überall auf Produk- te zuzugreifen. Die Folge: Die Allzeit-Verfügbarkeit lässt echte Wün- sche und Begehren ebenso schwinden wie die Vorfreude auf deren Er- füllung. Gleichzeitig sind sich die Konsumenten dank Social Media und der vermehrten Kommunikation untereinander ihrer Marktmacht be- wusst geworden. Sie formulieren ihre Ansprüche und Erwartungen heute lauter und deutlicher denn je. So weit die aktuelle Situation. Doch was heißt das nun für die Verfüh- rung von morgen? Genauer: Lassen sich die Konsumenten überhaupt noch verführen? Und wenn ja, wie und wodurch? Durch immer neue reizvolle Produkte? Durch charmantes Verkaufspersonal? Durch sinnli- che Erlebnisse? Oder nur noch durch den Preis? Das Gottlieb Duttwei- ler Institut gibt mit der im Auftrag des German Council of Shopping Centers entstandenen Studie »Verführung für Fortgeschrittene« Ant- worten auf diese Fragen. Mythos Verfhrung Ein Blick auf die klassischen Verführungsmythen zeigt gleich zu Be- ginn: Verführung ist nie eine pragmatische, lineare Operation, sondern sie geschieht auf Umwegen – und hat immer zwei Beteiligte. Stets geht es um den fragilen Stand zwischen Sollen und Wollen. Oft ist die Ver- führung negativ besetzt, als Weg in die Verfehlung, in die Sünde. Zu- gleich aber erkennen die Mythen die Kraft und List des Versuchers an. Hinter der Verführung steckt immer auch ein ästhetischer Aufwand Verführung für Fortgeschrittene Was Kunden von Händlern in Zukunft erwarten und psychologisches Geschick. Zudem ist nicht immer klar, wer wen verführt – die bekannteste Doppelrolle nimmt hier wohl Eva ein. Was Begehren weckt und Lust killt Darüber hinaus ist die Verführung nicht nur ein komplexes Spiel, sie ist auch hochgradig kultur- und zeitspezifisch: Was wir wollen, verändert sich stark mit dem, was wir schon haben. Ein Blick auf die Geschichte des Konsums in Deutschland verdeutlicht, wie rasant sich Bedürfnisse, Wünsche und Begehren verändern – und damit auch die Rolle der Ver- führung. Waren die Nachkriegsjahre noch von Nachholbedarf gekenn- zeichnet, kurbelte der Wirtschaftsaufschwung der 60er- und 70er-Jahre die Lust am Konsum an. Bald war von der »Überflussgesellschaft« die Rede – erstmals war das Warenangebot größer als die Nachfrage. In den 80er-Jahren entwickelte sich der Luxus- und Sinnkonsum, in den ©RetroAtelier-istockphoto.com

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