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German Council Magazin 1/2015

  GCM 1 / 2015 GERMAN COUNCIL . Exzellenz Die Servicewüste bebt Mit Speck fängt man Mäuse – immer noch. Über die Entwicklung der Dienstleistung Am Anfang war der Dienst am Kunden, und der Kunde war König. Erst später, mit der Verdengli­ schung der deutschen Sprache, wurde der Kun­ dendienst zum Service, so wie der Schlussverkauf zum Sale mutierte. Manchmal haben Anglizismen aber auch ihr Gutes. »Kundendienst« war sicher nicht falsch, klingt aber wie Katzbuckeln oder Dienst nach Vorschrift – eben typisch deutsch, um es allen noch rechter als recht zu machen. Doch die Grundidee ist simpel und frappie- rend genial: »Mit Speck fängt man Mäuse«. Anders gesagt: Durch entgeltliche (oder auch unentgeltliche), zusätzliche Leistungen oder Dienste wird König Kunde umgarnt und an das Unternehmen gebunden. Es ist ein weites Feld, das von Marktforschern und Service-Gurus beackert wird – auf dem Nährboden der »Servicewüste Deutschland«. Service ist Allgemeingut geworden Eine Zustandsbeschreibung, die allerdings maßlos übertrieben ist. Kundendienst und Service sind im Laufe der Jahrzehnte Allge- meingut geworden – wie der Anspruch auf Umtausch, Rücktritt (»Bei Nichtgefallen Geld zurück« – in der Regel ohne Begründung), Reklamation und Gewährleistung. Manches, was früher noch eine besondere Zu- satzleistung und »Dienst am Kunden« war, entpuppt sich heute als Katalog von Pflicht- aufgaben, die nolens volens in den Shopping Centern und anderswo mitgeschleppt und kaum noch als erwähnenswerte Extra-Leistun- gen wahrgenommen werden: genügend Park- plätze (auch für Mutter/Kind und behinderte Mitbürger), klimatisierte Ladenstraßen, öf- fentliche Toiletten, Baby-Wickelräume, Kin- der-Paradiese, Buggys sowie Rollstühle für Se- nioren, eine Raucher-Lobby, WLAN und Mas- sagesessel in der Mall und und und. Auch der Handel hat solche Standardleistun- gen verinnerlicht: das Einpacken von Ge- schenken, Ware mitgeben zur Auswahl, Re- paraturleistungen, Hauslieferungen und so weiter, ergänzt durch mehr oder weniger originelle Give-aways und sinnstiftende Auf- tritte im Internet. Mehr bieten als der Kunde erwartet Soweit, so gut. Doch was will der Kunde wirk- lich? »Sauberkeit, Sicherheit und Perfekti- on«, sagen die Marktforscher. Und: Ein be- trächtlicher Teil der Kunden ist nicht unbe- dingt am Preis orientiert. Mindestens genau- so wichtig sind kompetente, individuelle und persönliche Beratung und Perfektion bei der Abwicklung des Verkaufsprozesses. Und was heißt Service? Ursprünglich kommt der Begriff aus dem englischen Sprachraum und bezeichnete gutmenschliche Organisati- onen, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen. Der erste Service-Club (Rotary) wurde am 23. Februar 1905 in Chicago gegründet, 1917 folgte der Lions Club international, mit heute rund 1,4 Millionen Mitgliedern die wohl stärkste Service-Club-Organisation der Welt, die neben ihrem gesellschaftlichen Background vor allem humanitäre Initiativen organisiert. Ein Anliegen, das dem Service, wie wir ihn heute verstehen, diametral widerspricht. Heute wird Service in fast allen Sprachen in der Grundbedeutung »Dienst« verstanden – allerdings nicht nur für die Armen, sondern für alle Kunden. Für die Reichen und die Schönen ebenso wie für Hartz IV-Empfänger. ©Yuri_Arcurs–Istockphoto.com

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