German Council Magazin 05.2018 - page 18

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GCM 5/2018
GERMAN COUNCIL . PERSPEKTIVE
CHEF DES EIGENEN LEBENS
Die einen stecken in einer unglücklichen Beziehungskiste fest. Andere schleppen sich Tag für Tag
an einen öden Arbeitsplatz. Viele Menschen haben das Gefühl, gefangen zu sein in ihrer Rolle.
Doch das kann man ändern. Ein einfacher Perspektivenwechsel befeuert die eigenen Stärken und
hilft aus der vermeintlichen Misere, sagen Experten. Na, dann: Auf zu neuen Ufern!
Routine hat ihre Berechtigung. Sie gibt Sicher-
heit, bedient die Bequemlichkeit und entlastet
so den Kopf. »Aber«, sagt Dr. Bernd Slaghuis,
»zu viel Routine, die ist schlecht. Wer jeden Tag
zur gleichen Uhrzeit denselben Weg zur Arbeit
nimmt und dort mit immer mit den gleichen
Menschen Umgang hat, ständig feste Abläufe
befolgt, versinkt irgendwann in Gleichtönig-
keit.« Der in Köln ansässige Karriere- und Busi-
ness-Coach warnt vor der »Opferrolle«. »Ein
Stückweit Selbstverantwortung ist wichtig im
Leben. Wer glaubt, keine Wahl zu haben, fühlt
sich irgendwann in die Ecke gedrängt oder ab-
gehängt.«
Raus aus der Job-Routine, mal was anders ma-
chen? Geht doch gar nicht, sagen die meisten
Menschen. Da sind doch die allmächtigen Bos-
se. Und denen unterstellt so mancher schon im
voraus knallharte Reaktionen auf ein Gespräch,
in dem man als Arbeitnehmer etwas ändern
will. Repressalien könnten drohen oder am
Ende gar die Kündigung, wenn man den Chef
auf subjektiv empfundene Missstände an-
spricht. Also nicht doch lieber schweigen und
alles so machen wie bisher – frei nach dem
Motto: »Gehe nie zu deinem Fürst, wenn du
nicht gerufen wirst«?
»Nein«, meint Slaghuis. »Auch im Job kann ich
versuchen, die Dinge anders einzuschätzen und
abzuwandeln.« Wie das funktioniert? Zunächst
klingt das Rezept simpel: bewusst andere Sicht-
weisen und Meinungen zulassen. Zum Beispiel
den Input eines neuen Kollegen mal ganz ob-
jektiv betrachten. So schlicht, so gut.
Zu viel Routine schafft frustrierte
Mitarbeiter
Wer glaubt, er habe keine Wahl, müsse die Si-
tuation aushalten und durchstehen, ist
schlecht beraten. Slaghuis empfiehlt solchen
Zweiflern: »Mit Chefs und Kollegen sprechen.
»Auch deutsche Unternehmen machen vieles
falsch«, sagt Slaghuis. »Ein gefährliches Denk-
muster ist: Das haben wir schon immer so ge-
handhabt und sind damit gut gefahren. Das Ende
vom Lied sind frustrierte Mitarbeiter, die sich in
ihre Aufgaben gepresst sehen. Und da bleibt
letztlich auch die Kreativität auf der Strecke.«
Worst Case: Depressionen und das berühmt-be-
rüchtigte Burn-out folgen auf dem Fuße. Solche
Konsequenzen drohen immer dann, wenn sich
jemand fremdbestimmt fühlt. Die Wurzeln dafür
liegen meist sehr viel tiefer. Sogenannte Denk-
Deren Blick annehmen. Mich fragen: Was kann
ich anders machen? Eine solche Denkweise ha-
ben viele Menschen vergessen, was oftmals
auch an der Dynamik im Job hängt. Manchen
ist ein Um- und Neudenken schlicht zu anstren-
gend.« Das bedeutet natürlich nicht, unreflek-
tiert alles zu übernehmen, was andere vorschla-
gen. Aber die Chance, die eigene Sichtweise zu
verändern, kann einiges bewirken. »Viele dre-
hen sich zu lange im Kreis«, meint der Berater.
»Sie finden keine Klarheit, die nötig ist, um eine
Entscheidung zu treffen.«
Dr. Bernd Slaghuis
Prof. Dr. Frank Decker
© bruce mars – pexels.com
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