German Council Magazin 05.2018 - page 24

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GCM 5/2018
GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
bewerb zu gewinnen – mit dem Recht des
Stärkeren und zwangsläufig auf Kosten aller
anderen Nationen.
Welche Rolle spielt in diesem Denken die Welt-
handelsorganisation, die für eine regelbasierte
Welthandelsordnung steht?
US-Präsident Trump hat das multilaterale Welt-
handelssystem immer wieder als schlechten Deal
für Amerika dargestellt. Indem er auch in diesem
Politikfeld die militärische Trumpfkarte zieht und
Strafzölle mit nationaler Sicherheit begründet,
setzt Trump nicht nur seine handelspolitischen
Ziele durch, sondern er untergräbt auch die
Welthandelsorganisation. Zunächst hat die
Trump-Administration davon abgesehen, über
Stahl und Aluminium hinausgehend auch deut-
sche Automobile als nationale Sicherheitsbedro-
hung zu deklarieren. Denn EU-Kommissionsprä-
sident Jean-Claude Juncker erklärte sich am 25.
Juli 2018 beim Gipfel in Washington bereit, der
Schutzmacht Tribut zu leisten: So solle Europa
anstelle russischer Gaslieferungen künftig teure-
res Flüssiggas aus den USA beziehen.
Dass Amerikas »Feinde«, die EU und China, die
Weltmacht bei der WTO verklagten, bestätigte
indes nur Trumps darwinistisches Weltbild. Sein
taktisches Zugeständnis einer WTO-Reform
könnte bald schon wieder der Drohung weichen,
die Welthandelsorganisation für irrelevant zu er-
klären.
Selbst im besten Fall würde sich ein Schiedsver-
fahren lange hinziehen. Viel folgenreicher aber
ist der Paradigmenwechsel, den Trump mit sei-
ner Verquickung von Handels- und Sicherheits-
politik vollzieht: Denn es ist fraglich, ob die WTO
überhaupt Streitigkeiten über Handelsmaßnah-
men schlichten kann, die mit nationaler Sicher-
heit begründet werden. Dem Beispiel der USA
folgend könnten andere Länder ihrerseits Zölle
im Namen ihrer nationalen Sicherheit erheben.
Das wäre schnell das Ende einer durch die WTO
geregelten internationalen Handelsordnung.
Im kommenden Jahr stehen schicksalhafte
Wahlen an. In Ungarn, Polen, Österreich und
auch Italien ist man eher anti-europäisch ein-
gestellt. Längst gehen viele Europa-Kenner da-
von aus, dass es auch auf europäischer Ebene
einen gewaltigen Rechtsruck geben wird, der
im schlimmsten Fall zu einem Auseinanderbre-
chen der Europäischen Union führen könnte.
Wie würden dann die (deutschen oder rest-eu-
ropäischen) Handelsbeziehungen zu den USA
aussehen?
Politische und wirtschaftliche Entscheidungs-
träger sollten sich darauf einstellen, dass die
Schutz der USA abhängig und müssen wohl oder
übel der Schutzmacht Tribut zollen, unter ande-
rem auch in Handelsfragen.
In Europa geht die Angst vor Strafzöllen und ei-
nem möglichen Handelskrieg um. Wie lange
hält der im Sommer geschlossene Burgfrieden
zwischen den USA und Europa noch?
Indem er seine Strafzölle auf Stahl und Alumi-
nium mit der nationalen Sicherheit begrün-
det, kann Trump innen- wie außenpolitisch
seine Macht erweitern. In der NATO gleichen
die Zölle sogar einem Erpressungsmanöver.
In seiner Vermischung von Handels- und Si-
cherheitspolitik nimmt Trump Amerikas NA-
TO-Partner weniger als Verbündete denn als
Gefährder wahr: Er sieht ihre Exporte in die
USA als nationale Bedrohung. Eine Ausnah-
me von Strafzöllen können die europäischen
Handelspartner demnach nur erbitten, indem
sie nachweisen, dass sie ihre Import-/Export-
Bilanz zugunsten der USA verändern. Europä-
ische Verbündete können wohl nur dann das
Wohlwollen Trumps erwirken, wenn sie ame-
rikanische Rüstungsgüter kaufen, damit tech-
nologisch abhängig bleiben und zudem das
amerikanische Handelsdefizit verringern hel-
fen. Wer weiterhin den Schutz der USA bean-
spruchen will, muss dafür künftig mehr zah-
len – und diesen Tribut nicht nur durch sei-
nen Beitrag zur Sicherheitspolitik, sondern
auch in der Handelspolitik zollen. Die Militär-
macht bietet den »kompetitiven Wettbe-
werbsvorteil« schlechthin: Sie dient dazu, um
im härter werdenden internationalen Wett-
amtierende US-Regierung nicht nur China, son-
dern auch Europa – und damit die europäische
Führungsmacht Deutschland – als Rivalen be-
trachtet. Sie ist darauf aus, Europa zu teilen,
um es besser beherrschen zu können. Mit einer
Stiftung namens »The Movement« mit Sitz in
Brüssel will Donald Trumps ehemaliger Wahl-
kampfstratege und Berater Stephen Bannon
rechtsnationalen Parteien helfen, eine »rechts­
populistische Revolte« in Europa anzuzetteln.
Mithilfe eines »right-wing populist think tank«
will Bannon eine »Bewegung« anstoßen, um
auch die europäischen Demokratien aus den
Angeln zu hebeln. Bannons wahlstrategische
Bemühungen sollten ernst genommen wer-
den. Er hatte damit bereits in den USA Erfolg:
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind in
den USA populär und hoffähig geworden; sie
dienen mittlerweile dazu, Wahlen für das
höchste Amt im Staat zu gewinnen. Die Wahl-
strategen rechtsextremer Parteien in Europa
werden weiterhin Donald Trumps Erfolgsrezept
analysieren und nachahmen. Und sie erhalten,
wie gesagt, aktive Nachhilfe von Trumps ehe-
maligem Wahlkampfmanager.
Umso stärker wird Europa jedoch von den Ent-
wicklungen in den USA selbst betroffen sein: Die
soziale Spaltung und politische Radikalisierung
wird die ohnehin schon illiberale Demokratie der
Weltmacht weiter unter Druck setzen und über
eine nationalistische Wirtschafts- und Außenpo-
litik auch die regelbasierte internationale Welt-
ordnung in Mitleidenschaft ziehen, von der die
deutsche Wirtschaft elementar abhängt.
Die Fragen stellte
Susanne Osadnik,
Chefredakteurin German Council Magazin
Buchtipp
Von Josef Braml ist erschienen: »Trumps Amerika
– auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der ame-
rikanischen Demokratie und die Folgen für Euro-
pa«. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über
seinen Blog usaexperte.com.
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