German Council Magazin 05.2018 - page 27

GCM 5/2018
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GERMAN COUNCIL . PERSPEKTIVE
red Design am John F. Kennedy Center in der
US-Hauptstadt Washington hat sie sie vergan-
genes Jahr eingeladen, Ichó in den USA zu prä-
sentieren.
Jedes Jahr 40.000
Demenz-Kranke mehr
Demenz – »das ist ein grauer Strudel, der im-
mer enger und dunkler wird, je tiefer er einen
hinabzieht«, hat Johann gesagt, als er merkt,
wie seine Erinnerungen immer mehr verblass-
ten. Es beginnt mit Kleinigkeiten kurz nach sei-
nem 75. Geburtstag. Der Ingenieur und ehe-
malige Sicherheitsbeauftragte des städtischen
Klinikums Braunschweig mit 1.500 Betten und
38 einzelnen Krankenhäusern weiß nicht mehr,
wo er den Hausschlüssel hingelegt hat. Tele-
fonnummern von Verwandten und Freunden –
seit Jahrzehnten fest eingebrannt in sein Ge-
dächtnis – werden immer öfter vergessen. Ir-
gendwann sitzt der Mann, der einst Software-
Programme geschrieben hat, mit zitternden
Finger auf der Tastatur über seinen Computer
gebeugt und fragt: »Was ist dieses Windows?«
Heute kann der 83-jährige an schlechten Tagen
seinen Neffen nicht mehr erkennen.
Johann ist einer von 1,6 Millionen Menschen in
Deutschland, die mit der gerontopsychiatri-
schen Störung ringen. Gerontopsychiatrisch ist
ein Terminus aus der Medizin. Psychiatrisch –
von griechisch psychiatrike – Seelenheilkunde,
weil sich die Erkrankung ausschließlich im Hirn
abspielt, auch wenn sie im fortgeschrittenen
Stadium dazu führt, dass den Patienten zuneh-
mend auch Motorik und Sprache entgleiten.
Wie die Nymphe Ichó können manche Betroffe-
ne gegen Ende des Leidensweges nur noch die
Worte wiederholen, die sie gerade gehört ha-
ben. Geronto – wiederum stammt von géron,
griechisch Greis, weil an ihr fast ausschließlich
ältere Menschen leiden. Jeder elfte Deutsche
im Alter von über 64 Jahren ist erkrankt.
Rund 300.000 Patienten kommen nach einer
Studie des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung jedes Jahr hinzu. Da die Zahl
der Neuerkrankten die der verstorbenen De-
menz-Patienten übertrifft, wächst die Gruppe
der Betroffenen Jahr für Jahr um 40.000 Men-
schen. Unter der gerontopsychiatrischen Stö-
rung leiden aber nicht nur die Erkrankten, son-
dern auch ihre Angehörigen. 2,5 Millionen
Ehepartner und Kinder versuchen bundesweit,
die Erkrankten so lange wie möglich in den
vertrauten vier Wänden zu pflegen. »Fast 40
Prozent von ihnen fehlt Schlaf, 30 Prozent füh-
len sich in ihrer Rolle als Pflegende gefangen,
und jedem Fünften ist die Pflege eigentlich zu
anstrengend«, sagt Heinz Rothgang, Professor
für Gesundheitsökonomie an der Universität
Bremen, der für die Krankenkasse Barmer de-
ren diesjährigen Pflegereport erstellt hat.
»54,9 Prozent von ihnen leiden unter Rücken-
beschwerden, 48,7 Prozent unter psychischen
Störungen.«
Ich – preisgekrntes
Therapie­werkzeug
Besonders bedrückend für die Angehörigen:
Demenz ist – bislang – nicht heilbar. Es gibt
kein Medikament, kein medizinisches Verfah-
ren, dass das Gedächtnis wieder zurückbringt,
die einfrierende Motorik wiederbelebt, das
Sprachvermögen regeneriert. Einige Medika-
mente können lediglich den Verlauf für einige
Monate, in Ausnahmefällen sogar für ein oder
zwei Jahre, aufhalten – sofern die Krankheit
früh genug diagnostiziert und therapiert wird.
Doch egal wie weit die Krankheit bereits fort-
geschritten ist: Geistige und motorische Förde-
rung, positive Erinnerungen und körperliche
Bewegung im Rahmen des noch Möglichen,
helfen in jedem Fall die Wucht der Symptom-
verschlechterungen zu verringern.
Hier setzen Efthimiadis, Kascholke und Preuß
an. Ihre Studienfächer sind Elektrotechnik,
Kommunikationsdesign und Medieninforma-
tik. In der Freizeit beschäftigen sie sich mit
heilpädagogischen Konzepten zur Behandlung
von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigun-
gen. Nach und nach reift die Idee für Ichó – für
die Kugel, die Märchen erzählen, Musik spie-
© ichó systems - icho-systems.de
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