German Council Magazin 05.2018 - page 20

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GCM 5/2018
GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
Herr Dr. Braml, die taz titelte unmittelbar nach
den Kongresswahlen »Trumps Ende in Sicht« –
2019, 2020, 2021, 2022, 2023, 2024, 2025. Lie-
gen die Kollegen richtig, wenn sie davon ausge-
hen, dass der amerikanische Präsident »der un-
umstrittene Führer der Republikaner« und nicht
mehr aufzuhalten ist?
Es ist zu befürchten, dass der Teilerfolg der De-
mokraten bei den Kongresswahlen für viele
deutsche und europäische Entscheidungsträger
ein weiterer Strohhalm sein könnte, auf die be-
umfangreichen Grenzmauer zu Mexiko. Doch es
wird für Trump andererseits auch einfacher, etwa
sein kostspieliges Infrastrukturprogramm zu fi-
nanzieren und damit seine mögliche Wieder-
wahl in zwei Jahren zu befördern. Wenn es um
Ausgaben geht, die den Wählern ihrer Wahlkrei-
se und Einzelstaaten zugutekommen, sind ge-
werkschaftsnahe Demokraten eher als die Repu-
blikaner bereit, mit dem Präsidenten zu stim-
men. Es ist möglich, dass Trump einen »New
Deal« mit dem selbst ernannten Sozialisten und
Arbeiterführer Bernie Sanders bewerkstelligt.
Die beiden Freihandelskritiker sind sich darin ei-
nig, dass es zuallererst darum geht, amerikani-
sche Arbeiter wieder in Lohn und Brot zu brin-
gen: »America First« – koste es, was es wolle.
Der wirtschaftsnationalistische und protektionis-
tische Kurs Trumps, der unsere exportorientierte
Wirtschaft bedroht, hätte dann umso breitere
Unterstützung.
Noch sehen die Demokraten die Chance, wenigs-
tens die Russland-Ermittlungen gegen Donald
Trump weiter vorantreiben zu können. Wie rea-
listisch ist diese Einschätzung angesichts eines
geschassten Justizministers, der bislang seine
schützende Hand über Sonderermittler Robert
Mueller gehalten hat?
Sollte Robert Mueller bei seinen aktuellen Son-
derermittlungen stichhaltige Beweise vorlegen
können, dass Trumps Wahlkampfteam und der
US-Präsident von den russischen Hackerangriffen
gewusst oder sogar gezielt mit russischen Agen-
ten zusammengearbeitet haben, müssten die
Abgeordneten und Senatoren im Kongress ernst-
haft ein Amtsenthebungsverfahren erwägen. Es
wäre jedoch eine weitere Ironie der US-amerika-
nischen Geschichte, wenn ausgerechnet jener
Hoffnungsträger vieler westlich orientierter Be-
obachter zum Treiber einer Dynamik würde, die
Trump stärkt: Je mehr sich Sonderermittler Muel-
ler mit Trumps ehemaligen Vertrauten in deren
Strafverfahren mit sogenannten Plea Deals ver-
ständigt und diese mit ihren Aussagen den Präsi-
währten »checks and balances«, die Gewalten-
kontrolle der USA zu vertrauen, also selbst wei-
terhin nichts zu tun.
Wie können die Demokraten in den kommen-
den zwei Jahren überhaupt noch Einfluss neh-
men, ohne als Blockierer und Sündenbock dazu-
stehen?
Mit ihrer neuen Mehrheit im Abgeordnetenhaus
können die Demokraten zwar einerseits einige
Vorhaben Trumps bremsen, etwa den Bau einer
© Dirk Enters, Berlin
Josef Braml
IM GESPRÄCH MIT ...
Dr. Josef Braml
, dem USA-Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Der promovierte
Politikwissenschaftler ist ein profunder Kenner der amerikanischen Politik und Gesellschaft. Aufgrund
seiner praktischen Erfahrung im politischen Betrieb Washingtons, mit der Weltbank und als Mitarbeiter
weltweiter Thinktanks schafft er es, in einer unübersichtlichen Welt komplexe Sachverhalte auf den
Punkt zu bringen. Wir sprachen mit ihm über die Kriegsgefahr, die vom amerikanischen Präsidenten
ausgeht, die Notwendigkeit, globale Ungleichgewichte abzubauen, und warum Deutschland viel mehr
im eigenen Land investieren sollte
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