German Council Magazin 05.2018 - page 45

GCM 5/2018

GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
Nicht nur das. Inzwischen zeichnet sich auch
ab, dass sich der Online-Handel diesem Limit
langsam nähert. Selbst beim Branchenprimus
Amazon sind die Zuwachsraten zuletzt gesun-
ken. Gleichzeitig vermelden börsennotierte
Einzelhandelsunternehmen in den USA, dem
Ursprungsland des E-Commerce, seit gerau-
mer Zeit wieder wachsende Umsätze und Er-
träge, was sich auch in deren Aktienkursen wi-
derspiegelt. Die Börsennotierungen von Aber-
crombie & Fitch oder Foot Locker haben sich
in den vergangenen zwölf Monaten um je-
weils mehr als 65 Prozent erholt.
Den Aktienkursen der Shopping-Center-Betrei-
ber hat dies bislang nicht geholfen ...
In Europa nicht. In den USA schon. Der Börsen-
kurs von Simon Property beispielsweise ist seit
Jahresbeginn um knapp fünf Prozent gestie-
gen. Auch die Notierungen der europäischen
Center-Betreiber werden wieder zulegen, so-
bald an den Kapitalmärkten das Vertrauen in
diese Werte wiederkehrt. Investoren werden
dann eine Neubewertung vornehmen und
feststellen, dass diese Papiere auf dem gegen-
wärtigen Kursniveau attraktive Anlage-Gele-
genheiten bieten.
Sie spielen darauf an, dass ältere Center nicht
mehr die Magnetwirkung auf Kunden entfal-
ten wie in früheren Jahren?
Menschen besuchen Shopping Center heute
nicht nur, um einzukaufen. Sie wollen dort
auch ein Stück weit unterhalten werden. Ein-
kaufen ist heute für die meisten Konsumenten
keine Pflichtübung mehr, sondern soll auch
Spaß bereiten. Die Center-Betreiber sind des-
halb gezwungen, ihre Immobilien immer at-
traktiver zu machen. Dies geschieht ja bereits
durch die Einbeziehung von immer mehr gast-
ronomischen Betrieben. Neu gestaltete und
modernisierte Einkaufszentren haben zum Teil
bereits etwa Fitness-Center als Mieter mit her-
eingenommen. Oder Ärzte oder Behörden –
also Mieter, die kontinuierlich Publikum anlo-
cken, das auch den klassischen Einzelhändlern
in den Immobilien Umsatz und Ertrag be-
schert.
Das heißt, der Verdrängungswettbewerb der
Center untereinander bleibt hart?
In jedem Fall. Die großen professionell gema-
nagten börsennotierten Betreiber sind bei der
Anpassung ihrer Center an die heutigen Kun-
denwünsche bereits sehr weit vorangekom-
men. Das spiegelt sich in den steigenden Um-
satzzahlen und Mieterträgen wider, die diese
Unternehmen kontinuierlich vermelden. Sie
schlagen sich in einem anspruchsvollen Markt­
umfeld deutlich besser als der Branchendurch-
schnitt. Um im Wettbewerb zu bestehen, soll-
ten sich kleinere Center-Betreiber genau anse-
hen, was die großen Akteure machen. Sie kön-
nen von ihnen nur lernen.
Das Interview führte
Richard Haimann,
freier Journalist
Helmut Kurz
, 62, managt den Immobilienakti-
en-Fonds E&G Global REITs bei Ellwanger &
Geiger. Der studierte Wirtschaftswissenschaft-
ler ist darüber hinaus als Mitglied im Anlage-
ausschuss der Stuttgarter Privatbank verant-
wortlich für deren Immobilienaktien- und die
Makro-Strategie. Zudem ist Kurz Autor für
Fachzeitschriften und Referent für Immobilien-
themen an diversen Hochschulen.
Auch wegen der Dividenden? Center-Betreiber
wie die Deutsche EuroShop AG und Unibail-Ro-
damco-Westfield haben ihre Auskehrungen an
die Aktionäre in den vergangenen Jahren ste-
tig gesteigert ...
Die Dividenden dürften in den kommenden Jah-
ren bei vielen börsennotierten Center-Betreibern
noch ein Stück weit weiter wachsen. Die Unter-
nehmen haben ihre Finanzierungen über die
nächsten fünf bis sechs Jahre gesichert, sodass
ihnen ein etwaiger Zinsanstieg vorerst keine Kos-
tensteigerungen bereiten wird. Langfristig hän-
gen die Erträge von der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung und dem individuellen Instandhal-
tungs- und Modernisierungsbedarf der Center in
den einzelnen Portfolios ab. Ich denke nicht,
dass wir einen Supertrend, wie ab den 1990er
Jahren wieder aufnehmen werden, als die Akti-
enkurse und die Dividenden der Center-Betrei-
ber quasi weltweit kontinuierlich gestiegen sind.
Dafür sind in dieser Zeit zu viele Einkaufszentren
errichtet worden. Gegenwärtig sind die Center-
Betreiber in derselben Situation wie alle anderen
börsennotierten Bestandshalter von Gewerbeim-
mobilien: Sie müssen umMieter und Erträge rin-
gen – und das erfordert auch erhebliche Investi-
tionen in den Bestand.
Helmut Kurz
© Bankhaus Ellwanger & Geiger
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