GCM 5/2017
Trend 3: Mobilitt und urbane
Knotenpunkte
Die Mobilität der Zukunft wird geprägt sein von
zunehmend weniger CO
2
-Ausstoß sowie erhöh
ter Digitalisierung und Automatisierung. Be
reits vorher werden eine verstarkte Funktions
mischung und die Stärkung der Nahmobilität
die jeweiligen Ziele durch weniger »aufwendi
gen« Verkehr erreichbar machen. Zudem wer
den Verkehrsmittel dank der Digitalisierung eff
zienter genutzt (Sharing) – Mobilität wird im
Personenverkehr verstärkt zu einer Dienstleis
tung, die den Besitz eines eigenen Autos nicht
mehr voraussetzt. Die zukünftige Mobilität wird
dadurch vernetzt, flexibel und vielfältig sein.
Immobilien, die sich an diesen Trend anpassen,
haben die Nase vorne. Das kann zum Beispiel
bedeuten, dass weniger Parkplätze benötigt
werden und die verbliebenen Parkplätze tem
porär anders genutzt werden, oder dass die
Nähe und Anbindung zu intermodalen Knoten
punkten ein noch entscheidenderer Standort
faktor wird.
Trend 4: Das Quartier wird wichtiger
Die Einbindung einer Immobilie in das Quar
tier findet zunehmend auch auf der Ebene von
Infrastruktur sowie Ressourcen- und Energie
strömen statt. Innovationen wie die Sektor
kopplung oder Mieterstrom-Modelle werden
in naher Zukunft für eine agile Anbindung von
Immobilien an Quartiersnetze sorgen. Dabei
spielen Gebäudedaten und deren Nutzung
eine zunehmend wichtige Rolle. Gewerbe- im
mobilien müssen in Zukunft zunehmend auch
eine Rolle in der Quartiersversorgung über
nehmen. Dabei können sich zum Beispiel über
das Bereitstellen von Quartiersspeichern neue
lokale Geschäftspotenziale eröffnen. Diese
lassen sich potenzieren, wenn man den Blick
über den Tellerrand des eigenen Grundstücks
auch über Energiethemen hinausgehen lässt.
Multifunktionale Räume, quartiersbasierte Lo
gistiksysteme, eine optimale Nutzung lokaler
Synergien mit anderen Immobilien etc. sind
alles Beispiele für Geschäftsmodelle, die eine
Immobilie als Plattform für weitere Dienstleis
tungen ansehen. Eine Bewertung des langfris
tigen Erfolgs einer Gewerbeimmobilie hängt
somit auch von ihrer »Agilität« ab – also vom
Potenzial für eine multifunktionelle Verwen
dung in der Zukunft.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse
der Studie?
Schaut man näher auf die qualitativen Ergeb
nisse der Studie, sticht folgendes hervor:
Die
Zukunft hat im Grunde heute schon begon-
nen
: Urban Best Practices aus der ganzen Welt
zeigen dies eindrucksvoll. Einige Städte haben
bereits richtungsweisende Projekte umgesetzt:
Die Dogpatch Labs in Dublin zeigen, wie Arbei
ten in der Zukunft möglich ist, Amsterdam
setzt neue Techniken für den Städtebau ein
(Brücke aus dem 3D-Drucker, zusammenge
setzt von Robotern), und Unternehmen in To
kio handeln mit CO
2
-Zertifkaten.
Erfolgsfaktoren verändern sich
: So wird bei
spielsweise der Infrastrukturaufbau der 1980er
Jahre abgelöst durch den Faktor Digitalisierung
dieser Infrastruktur. Konzentrierte sich das Si
cherheitskonzept bisher auf analoge Gefahren,
muss dieses nun auch virtuellen Bedrohungen
trotzen, ohne die Menschen in ihrer Freiheit
einzuschränken.
Die Stadt hat eine soziale, bildungs- und um-
weltpolitische sowie kulturelle Verantwor-
tung.
Überlässt sie zu viel den wirkenden Kräf
ten, können sich schwächere Gruppen nicht
durchsetzen, dominante Gruppen bestimmen
das Stadtbild. Diese geringere Vielfalt wird
dann zum Standortnachteil.
Die Digitalisierung verändert unsere Bevölke-
rung.
Die bisherige soziologische Vielfalt bleibt
bestehen und wird um neue Charaktere er
gänzt. Obwohl sich die digitale Welt weiter
professionalisiert und das Wohnen und Arbei
ten prägt, bleibt der persönliche Kontakt wich
tig für die Bevölkerung.
Zukunftsfähige Städte müssen individuelle
Konzepte entwickeln, um Unternehmen anzu-
ziehen
und sie dafür zu gewinnen, sozial ver
träglich zu investieren. Das unterstreicht und
erhält die Persönlichkeit einer Stadt.
Mieter von Gewerbeimmobilien wünschen
sich häufiger kürzere Laufzeiten und Zwi-
schenmietmodelle
, um flexibel auf neue Anfor
derungen reagieren zu können. Daneben wird
es auch attraktiver, Häuser zu leasen. Allerdings
bleibt es zeitgleich an den Top-Standorten
schwierig, überhaupt geeignete Flächen für die
hohen Ansprüche von Unternehmen und Mit
arbeitern zu finden.
Mischquartiere bieten die größte Freiheit für
Nutzer, Anleger und Eigentümer.
Jedoch ha
ben Investoren und Stadtentwickler unter
schiedliche Ziele: Anleger wünschen sich Konti
nuität und Planbarkeit; die Stadtentwicklung
setzt auf eine heterogene Bevölkerung, die un
ter anderem gemischte Quartiere ermöglicht.
Zahlungssysteme werden vielfältiger
– im Jahr
2040 ist es normal, mit Daten, Energie oder
CO
2
-Zertifikaten zu bezahlen. Umweltschutz ist
nicht mehr lästig, sondern macht Spaß. Über di
gitale Kanäle sammeln Menschen Umwelt
punkte (zum Beispiel bei spielerischen Wettbe
werben mit Nachbarn, Freunden und Co.).
Was sollten sich Investoren angesichts dieser
Studienergebnisse zukünftig verhalten? Gabrie
le Volz empfiehlt: »Stadtentwicklung ist ein
langsamer Prozess, der einen langen Atem und
Beharrlichkeit bei den Entscheidungen benö
tigt. München beispielsweise hat hier sehr früh
die nötigen Weichen gestellt. Es lohnt sich,
frühzeitig zu verstehen, mit welcher Art von
Stadt man es zu tun hat, bevor Investitionen ge
tätigt werden. Dabei sollte eine ganzheitliche
und objektive Analyse die wichtigsten Ebenen
der Stadtentwicklung durchleuchten, um an
schließend auf dieser Basis tragfähige Entschei
dungen zu treffen.«
Ein Beitrag von
Thorsten Müller,
Chefredakteur HI HEUTE
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