German Council Magazin 05.2017 - page 52

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GCM 5/2017
GERMAN COUNCIL . Handel
Powershoppen auf allen Kanälen
Die Grenzen zwischen stationärem Handel und e-Commerce lösen sich auf. Kombinierte
Vertriebswege boomen. Doch noch hinkt der deutsche Einzelhandel im internationalen
Vergleich hinterher. Die fulfillment-Dienstleister sind gefordert, online und offline
schnellstmöglich zu verzahnen
Langwieriges Suchen nach Wunschprodukten
und sich dafür stundenlang durch Regalrei­
hen in den Geschäften quälen? Das war ges­
tern. Die neue Kundengeneration möchte
schnell und bequem einkaufen. Nicht mehr al­
lein der Preis entscheidet über ihre Zufrieden­
heit, sondern auch das Shoppingerlebnis, der
Service, die Flexibilität der Händler – online
und stationär. Deswegen bieten viele Einzel­
handelsunternehmen mittlerweile mehrere
Vertriebskanäle an. So kann der Kunde situa­
tiv auswählen, welchen Kanal er benutzen
möchte – egal ob Onlineshop, Ladengeschäft
oder Plattformen wie Amazon oder eBay. Dem
Konsumenten sind beinahe keine Grenzen ge­
setzt. Er kann über mobile Endgeräte einkau­
fen, Apps oder Bestellhotlines nutzen. Und
das kommt an. Der Multi-Channel-Handel
wächst rasant. Im Vergleich zum Vorjahr konn­
ten die Händler ihren Umsatz um gut 21 Pro­
zent steigern, so der Bundesverband e-Com­
merce und Versandhandel Deutschland. Die
Versender mit Herkunft aus dem stationären
Geschäft erwirtschafteten sogar ein Plus von
mehr als 27 Prozent. Ein Zukunftsmarkt, doch
die technologischen Herausforderungen sind
groß.
für die Lagerbestände.« Nun wollen sie die Di­
gitalisierung ihrer Geschäftsabläufe weiter vor­
antreiben. »Bei kleineren Projekten in der Kom­
missionierung und Versendung tun wir das
schon.« Doch es gibt noch viel zu tun.
e-fulfillment: Zukunft des
Einzelhandels
Hier kommen die fulfillment-Dienstleister ins
Spiel. Sie unterstützen den Handel beimManage­
ment ihres Warenstroms: Logistik, Kundenser­
vice, Zahlungsabwicklung, Warehousing, Buch­
haltung. Mit ihren e-fulfillment-Systemen und in­
novativen Softwarelösungen ermöglichen sie be­
reits einen plattform- und kanalübergreifenden
Handel und bieten zusätzliche Dienstleistungen,
wie die Betreuung der Onlineauftritte samt Web­
design und Contentproduktion an.
Und sie investieren: So baut der Logistikanbie­
ter Hermes derzeit für 300 Millionen Euro
neun Sortierzentren und erweitert die beste­
hende logistische Infrastruktur. Andere Anbie­
ter konzentrieren sich primär auf die Digitali­
sierung ihrer Logistikzentren. Roboter erhalten
Einzug in die Lager. Beim Grevener Spezialist
für Kontraktlogistik, Fiege, ist im Schuhlager
bereits eine ganze Flotte wahrnehmungsge­
steuerter Roboter im Einsatz. Mithilfe von 2D-
und 3D-Kameras wird die Ware im Regal identi­
fiziert, gegriffen und an seinen Bestimmungs­
ort gebracht.
Das Handelhaus Breuninger, Gewinner des
NEO Excellence Award in Multichannel 2017,
baut derzeit ein neues Multichannel-Logistik­
zentrum in Sachsenheim, das 2019 in Betrieb
gehen soll. »Dort werden wir zukünftig für alle
Kanäle Ware prozessieren und bereitstellen.
Neben der Versorgungslogistik für alle elf sta­
tionären Filialen in Deutschland soll dort auch
die e-Logistik untergebracht sein«, heißt es aus
dem Handelshaus. »Es gilt, dem e-Commerce-
Wachstum in den nächsten Jahren Herr zu wer­
den und uns mittels automatisierter Abläufe wei­
Allein die Verknüpfung der logistischen Prozes­
se vom stationären und elektronischen Ge­
schäftsverkehr ist eine Mammutaufgabe. Dabei
fällt Deutschland hinter führende Omni-Chan­
nel-Nationen wie den USA, Großbritannien und
Australien zurück, belegt im »2015 Global Om­
ni-Channel Retail Index« nur Platz 12 von 19. Zu
viele Händler betrachten Online und Offline im­
mer noch separat oder scheuen den hohen Auf­
wand, sagen die Handelsexperten. Denn die
Verzahnung beider Sparten ist ein langwieriger
Prozess: Logistik, Marketingstrategien, Sorti­
ments- und Preispolitik, Kundenservice – alles
muss aufeinander abgestimmt werden.
»Unsere Absätze über die verschiedenen Kanä­
le verwalten wir noch nicht synchron in einem
System. Damit wollen wir aber 2018 starten«,
sagt Wenke Rittmeyer von mymuesli. Das Pas­
sauer Unternehmen, das vor gut zehn Jahren
als Online-Pure-Player gestartet ist, betreibt
mittlerweile mehr als 50 Läden in fünf europä­
ischen Ländern und verkauft seine Produkte in
diversen Supermärkten. Eine Multi-Channel-Er­
folgsgeschichte. Die Schnittstellen im Waren­
wirtschaftssystem nutzt das Unternehmen be­
reits für die Buchhaltung, »aber eher weniger
© zeynepogan – istockphoto.com
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