German Council Magazin 05.2018 - page 63

GCM 5/2018
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GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
rekt vor Ort bis zu einem Kindergarten und ei-
nem Konferenz- und Veranstaltungszentrum.
Ist Bozen der Auftakt für weitere Projekte in Ita-
lien?
Wir sondieren natürlich kontinuierlich den
Markt, aber aktuell ist kein weiteres Projekt in
Italien in der Pipeline.
Die Kartellbehörden haben der Fusion von
Karstadt und Kaufhof vor Kurzem zugestimmt.
Dass man in Ihrem Haus an die Zukunft der Wa-
renhäuser glaubt, ist damit wohl unbestritten.
Aber wie sehen Sie die Zukunft von Retail-Im-
mobilien im Allgemeinen?
Durch den E-Commerce hat sich der Handel radi-
kal verändert. Viele Einzelhandelskonzepte funk-
tionieren nicht mehr und damit auch einige Han-
delsimmobilien – vor allem in schlechten Lagen.
Das Phänomen der Dead Mall, das wir aus den
USA kennen, erreicht nun auch – vereinzelt –
Deutschland. Dennoch glauben wir an den stati-
onären Einzelhandel in den richtigen Lagen mit
dem passenden Konzept. Die Kunden suchen
nach wie vor auch guten Service, großartige Gas-
tronomie und vielfältiges Entertainment. Handel
ist nicht statisch und damit dürfen es auch Im-
mobilien nicht sein. Flächen müssen reversibel
sein, sodass wir Änderungen antizipieren und
darauf schnell reagieren können. Wir haben ein
Team ausgewiesener Handelsexperten, die auch
kommende Veränderungen mitdenken und vor
allem mitgestalten werden. Da sind wir nicht am
Ende der Möglichkeiten, sondern am Anfang.
Was unterscheidet das Warenhaus von der
Shopping Mall?
Unser Kaufhaus Tyrol ist der Beweis, dass man
klassische Warenhaus-Sortimente auch mit ei-
ner Vielzahl einzelner Shops abbilden kann. Der
Konsument will ein Erlebnis und Vielfalt, wenn
er in die Stadt fährt. Dies können natürlich so-
wohl ein Warenhaus als auch ein Shopping Cen-
ter abbilden. Der Vorteil des Warenhauses im
Vergleich zum Shopping Center ist aber, dass es
seinen Kunden insgesamt deutlich besser kennt,
als der Betreiber eines Einkaufszentrums das
tut. Dort hat jeder einzelne Laden sein eigenes
Kundenbindungsprogramm. Nur das Waren-
haus kann dem Kunden zukünftig ganzheitliche
und einzigartige Multichannel-Angebote aus ei-
ner Hand anbieten und ganz individuell auf sei-
ne Bedürfnisse eingehen. Und das flächende-
ckend im Herzen jeder bedeutenden Innen-
stadt. Karstadt und Kaufhof haben gemeinsam
15 Millionen Stammkunden, die über eine Kun-
denkarte verfügen, mit denen wir seit Jahren
eine enge Beziehung pflegen. Auch das ist ein-
zigartig und wird einzigartig bleiben.
Prime Selection AG sind die SIGNA Holding ge-
meinsam mit dem SIGNA Gründungs- und
Hauptgesellschafter, der Familie Benko Privat-
stiftung, die zusammen derzeit über 60 Prozent
halten. Die Helaba wird darüber hinaus ein Kon-
sortium von Banken für die Fremdfinanzierung
führen.
Der Elbtower ist ein für hanseatische Verhältnis-
se enormes Hochhaus, was nicht jedermann ge-
fällt. Im Vorfeld hat es schon jede Menge Kritik
gegeben, weil das Projekt zu groß sei, aufgrund
seiner Höhe von mehr als 230 Metern mit sei-
nen Lichtquellen für Dauerbestrahlung sorgen
würde. Und die Bürgerschaft tut sich schon im
Vorfeld schwer, überhaupt den Kaufvertrag über
ein stadteigenes Grundstück zu unterzeichnen.
Haben Sie deshalb Alt-Bürgermeister Ole von
Beust als Vermittler an Bord geholt, damit das
Projekt überhaupt starten kann?
Natürlich gibt es bei solch einem großen Projekt
nicht nur Zustimmung. Ein Diskurs ist an dieser
Stelle auch richtig und wichtig, schließlich wol-
len wir für die Stadt Hamburg und ihre Bewoh-
ner ein weiteres Highlight mit größtmöglichem
Konsens schaffen. In unseren Gesprächen mit
den Fraktionen bekommen wir viel positives
Feedback und sehen uns auf einem sehr guten
Weg, dass die Bürgerschaft positiv über den
Kaufvertrag entscheidet. Ole von Beust berät
uns mit seiner Firma seit April 2018 zu unseren
Projekten in Hamburg bei Kontakten zur Stadt,
Politik und Verwaltung und in Hinblick auf den
Elbtower auf die besonderen Anforderungen,
die mit dem Standort Hafencity zusammenhän-
Wo wollen Sie künftig Retailprojekte umsetzen?
In Frage kommen Standorte in guten Lagen mit
für uns hochrelevanten Einzugsgebieten. Vor
Kurzem haben wir beispielsweise in den Berliner
Gropius-Passagen die erste Karstadt-Filiale seit
30 Jahren eröffnet. Nächstes Jahr folgt das neue
Karstadt-Haus im gerade im Bau befindlichen Te-
gel-Center ebenfalls in Berlin. Darüber hinaus
befinden wir uns in der Konzeption mehrerer
großvolumiger innerstädtischer Quartiersent-
wicklungen, bei denen der Einzelhandel natür-
lich auch eine wichtige Funktion darstellt. Mehr
als bisher wird sich dieser jedoch in einen urba-
nen Nutzungsmix mit Büroflächen, Hotels und
Wohnen einfügen.
Ist es schwieriger geworden, Kapitalgeber für
solche Projekte zu finden?
Durch unseren überaus positiven Track Record
sind wir für renommierte internationale Investo-
ren eine Topadresse in Europa. Auf der Banken-
seite merken wir, dass vorsichtiger agiert wird.
Für Projekte in guter Lage und einem guten
Konzept bekommen Sie dennoch gute Finanzie-
rungen.
In Hamburg will SIGNA rund 700 Millionen Euro
in ein gigantisches Bauprojekt investieren. Wer
hat sich bereit gefunden, den geplanten Elbtower
zu finanzieren?
Wir haben beim Wettbewerb insbesondere mit
einer Belastbarkeit der Finanzierung durch eine
hohe Eigenkapitalsicherung überzeugt. Das Ei-
genkapital wird von der SIGNA Prime Selection
AG bereitgestellt. Mehrheitsaktionäre der SIGNA
Modell: Elbtower, Hafencity Hamburg
1...,53,54,55,56,57,58,59,60,61,62 64,65,66,67,68,69,70,71,72,73,...92
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