GCM 5/2017
GERMAN COUNCIL . Integration
institutionell gleichzustellen und somit religiö
se Vielfalt anzuerkennen. Und drittens, inter
kulturelle Kontakte und interreligiösen Aus
tausch in Schule, Nachbarschaft und Medien zu
fördern.
Europische Muslime sehen EU
positiver als andere Europer
Muslime in Europa sehen die Europäische Uni
on (EU) nach einer Studie des Exzellenzclusters
»Religion und Politik« am Zentrum für Wissen
schaftskommunikation der Westfälischen Wil
helms-Universität positiver als alle anderen Be
völkerungsgruppen in Europa. »Die Muslime
stehen zugleich in Kontrast zur Haltung von
Muslimen in arabischen Ländern: »In früheren
Studien konnten wir zeigen, dass nur eine Min
derheit der arabischen Bevölkerung die EU po
sitiv einschätzt.«
Einer der wichtigsten Gründe für die mehrheit
lich positive Einstellung europäischer Muslime
ist nach der neuen Studie, dass sie mit ihrer Le
benssituation in der EU zufriedener sind als an
dere: »Rund 95 Prozent der befragten Muslime
sind Migranten der ersten oder zweiten Gene
ration, die ihre neue Lebenssituation mit der im
Herkunftsland vergleichen: Sie zeigen mehr
Wertschätzung für die wirtschaftliche Situati
on, die Gesundheitsversorgung und das politi
sche System im Aufnahmeland als Nicht-Zuge
wanderte«, erläutert Prof. Schlipphak. »Diese
Zufriedenheit mündet in einem hohen Vertrau
en gegenüber nationalen Institutionen wie
dem Parlament im Aufnahmeland, das sich
wiederum auf die EU-Ebene überträgt.« Neben
der Zufriedenheit mit Demokratie, Wirtschaft
und Gesundheit wirkt sich der Studie zufolge
ein hohes politisches Interesse positiv auf das
Vertrauen in die EU-Institutionen aus. »Die Reli
gion dagegen spielt für die Haltung zur EU, an
ders als angenommen, keine Rolle.«
Religion ohne Einfluss auf
Haltung zur EU
»Zwar schätzen sich europäische Muslime im
Schnitt religiöser ein als andere Europäer«,
führt der Ko-Autor der Studie, Politikwissen
schaftler Mujtaba Isani, aus. »Diese Einschät
zung scheint aber weder einen negativen noch
einen positiven Einfluss auf ihr Vertrauen in po
litische Institutionen der nationalen wie EU-
Ebene zu haben.« Mit der Studie knüpfen die
Forscher an eine Debatte an, die die Unverein
barkeit europäischer und islamischer Werte so
wie Religiosität als Integrationshindernis disku
tiert. So wenig wie die Religion haben das Bil
dungsniveau, Alter und Geschlecht einen Ein
fluss auf die Meinung zur EU, wie Schlipphak
sagt. »Unsere Studie zeigt: Erfolgreiche Inte
gration führt zu einem höheren Vertrauen in
politische Institutionen auf der nationalen wie
EU-Ebene. Langfristige Integrationsbemühun
gen sind unerlässlich, wenn das hohe Niveau
des Vertrauens der europäischen Muslime in
die EU aufrechterhalten werden soll.«
Bei der Untersuchung handelt es sich um die
erste systematisch-empirische Analyse der Ein
stellungen europäischer Muslime zur EU. Die
Forscher haben dafür Daten des European Soci
al Survey (ESS) von 2002 bis 2014 ausgewertet;
haben im Durchschnitt ein höheres Vertrauen
in EU-Institutionen als Mitglieder anderer reli
giöser oder nicht-religiöser Gruppen wie Chris
ten oder Konfessionslose«, sagt der Politikwis
senschaftler Prof. Dr. Bernd Schlipphak vom Ex
zellenzcluster. »Von allen untersuchten Grup
pen aus 16 europäischen Ländern sind Musli
me die einzige, die zum Beispiel ihr Vertrauen
in das Europäische Parlament auf einer Skala
von 1 bis 10 mit mehr als 5 angeben. Derzeit
wird viel über mangelnde Akzeptanz der EU in
weiten Bevölkerungskreisen diskutiert – die
muslimisch geprägten Einwanderer der ersten
und zweiten Generation gehören dabei mehr
heitlich nicht zu den Kritikern.« Die Ergebnisse