German Council Magazin 05.2017 - page 19

GCM 5/2017
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GERMAN COUNCIL . Integration
Jeder zweite Muslim hat einen
deutschen Pass
Der Einkommensvergleich zwischen deutschen
und britischen Muslimen unterstreicht die Ab­
hängigkeit von staatlichen und gesellschaftli­
chen Rahmenbedingungen. In Deutschland
fällt es hochreligiösen Muslimen schwer, einen
Job zu finden, der ihrem Qualifikationsniveau
entspricht. Sie verdienen erheblich weniger als
Muslime, die ihre Religion nicht praktizieren.
Anders in Großbritannien: Dort sind sehr religi­
öse Muslime bei gleicher Qualifikation in den
gleichen Berufsfeldern vertreten wie weniger
fromme Muslime. »Muslime im Vereinigten Kö­
nigreich profitieren offensichtlich von einer
Chancengleichheit, die wesentlich durch die
dortige institutionelle Gleichstellung des Islam
mit anderen Religionen befördert wurde. Das
Bekenntnis zum Glauben und die Ausübung
der Religion sind im Arbeitsleben kein Tabu«,
sagt Yasemin El-Menouar, Islam-Expertin der
Bertelsmann Stiftung. Beispielsweise dürfen
britische Polizistinnen schon seit zehn Jahren
im Dienst ein Kopftuch tragen.
El-Menouar sieht in Deutschland Nachholbe­
darf bei der rechtlichen Anerkennung muslimi­
scher Religionsgemeinschaften und in der Anti­
diskriminierungspolitik: »Religiöse Symbole
sollten nicht für Nachteile bei Bewerbungen
sorgen, und religiöse Bedürfnisse wie Pflicht­
gebete und Moscheegänge sollten auch mit
Vollzeitjobs vereinbar sein.« Das würde einem
bedeutenden Teil der Muslime die Integration
erleichtern, denn 40 Prozent von ihnen be­
zeichnen sich als hochreligiös.
Die bisher bereits erzielten Erfolge in der Integ­
ration lassen sich auch daran ablesen, dass 84
© oneinchpunch – Fotolia.com
Prozent der in Deutschland geborenen Musli­
me ihre Freizeit regelmäßig mit Nicht-Musli­
men verbringen. Fast zwei Drittel der Muslime
geben an, dass ihr Freundeskreis mindestens
zur Hälfte aus Nicht-Muslimen besteht. Jeder
zweite Muslim hat einen deutschen Pass und
96 Prozent von ihnen betonen ihre enge Ver­
bundenheit mit Deutschland.
Diese Integrationsleistungen finden nicht über­
all Anerkennung. 19 Prozent der Bürger in
Deutschland geben an, keine Muslime als Nach­
barn haben zu wollen. »Wenn sich Gesellschaf­
ten verändern, wird das immer auch als span­
nungsreich empfunden«, sagt Vopel. Um Integ­
ration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu
fördern, nennt der Religionsmonitor drei zent­
rale Hebel: Erstens, die Chancen auf Teilhabe zu
verbessern, insbesondere im Bildungssystem.
Zweitens, den Islam als Religionsgemeinschaft
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