German Council Magazin 04.2018 - page 42


GCM 4/2018
GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
Obergeschoss einen Fitness-Betreiber für eine
bislang leer stehende Fläche gewinnen, die Ket-
te FitX, für die schon auf 2.500 Quadratmetern
ausgebaut wird. Mit Woolworth, der neu ins ers-
te Obergeschoss im Center einziehen wird, ist
der Vertrag bereits unterschrieben. Weil man
sich auch immer mit der Stadt absprechen muss,
dauert der gesamte Prozess, der bei einer Um-
gestaltung in dieser Größenordnung aus Pro-
jektentwicklersicht ohnehin immer sehr umfas-
send und komplex ist, entsprechend lange. Das
lässt sich aber gar nicht vermeiden. Die Behör-
den sind bei einem Objekt, in dem es um die
Umverteilung Mieter gibt, in dem Brandschutz-
verordnungen beachtet werden müssen, die
Haustechnik berücksichtigt werden muss, inten-
siv gefordert. Fachplanungen im Bestand sind
auch für die Projektmanager äußerst fordernde
Planungsprozesse, die häufig länger dauern als
beim Neubau. Außerdem dauert es auch, mit
den Mietern zu verhandeln, die eventuell inner-
halb des Centers umziehen müssen. Manchmal
müssen auch Aufhebungsverträge ausgehandelt
werden. Das kostet Zeit. Die Mieter stellen höhe-
re Ansprüche, heute ist es viel schwieriger, einen
Vertrag abzuschließen, als noch vor 15 Jahren.
Das alles sollten Investoren wissen und deshalb
auch in alle Schritte des Planungs- und Umset-
zungsprozesses eingebunden werden.
Woran liegt es, dass die Mieter anspruchsvoller
geworden sind?
Hauptsächlich an der Online-Konkurrenz, jeder
Mieter ist professioneller in seiner Analyse aber
auch formaler geworden. Marktbedingt ver-
handeln viele Mieter heute härter und bringen
mehr wirtschaftliche Punkte in die Verhandlun-
gen ein als etwa vor 15 Jahren. Langjährige Er-
fahrung im Retail-Vermietungsgeschäft und
Verhandlungsgeschick sind insofern mehr denn
je wichtige Voraussetzungen für unsere Ver-
mietungsmanager.
Gibt es auch Mieter, die Sie gern in einem
Center gehabt hätten, aber nicht bekommen
haben?
Das passiert schon manchmal. Wir müssen halt
auch die Story eines Centers gut nach außen
verkaufen. Etwa, dass das Fitness-Center im
Obergeschoss davon profitiert, dass es unten
einen Food-Court gibt, wo man nach dem Sport
gleich etwas essen und trinken kann. Wir ha-
ben für Gießen auch einen computeranimierten
Film produziert, der das Vorher und Nachher
demonstriert, so dass sich potenzielle Mieter
vorstellen können, wie die Innenraumsituation
später sein wird.
Wie wichtig sind Ankermieter heutzutage?
Genauso wichtig wie früher. Ohne Ankermieter
geht nichts in einem Center. Gießen profitiert
beispielsweise davon, dass es so starke Anker-
mieter wie H&M, Media Markt, Müller Drogerie
oder Intersport hat. Das ist auch ein Signal für
künftige Mieter, die sich daran orientieren, ob
beispielsweise Publikumsmagneten vorhanden
sind. Aber ebenso entscheidend ist aus unserer
Sicht ein professionelles Centermanagement
vor Ort. Die Mieter wollen angesprochen und
ein bisschen hofiert und auch motiviert wer-
den. Das ist etwas ganz Persönliches. Da sind
wir in der Auswahl unserer Manager auch sehr
speziell ausgerichtet. Wer ein Center managt,
muss auch präsent sein und täglich erreichbar.
Es reicht nicht – wie wir es oft gehört haben –
dass der Manager nur ab und zu vorbeischaut.
Wir wollen, dass ein reger Austausch zwischen
Mietern und Management stattfindet. Nur so
kann man Probleme schnell beseitigen, aber
auch gemeinsam neue Ideen für Kundenbin-
dungen entwickeln. Unsere Centermanagerin
in Gießen kennt wirklich jeder der Mieter, sie ist
ständig vor Ort. Solche engagierten Leute sind
mit Teil des Erfolgs eines Centers. Das kann das
Internet nicht bieten.
Online kann man auch keine »Wohlfühlatmo-
sphäre« herstellen, die Sie für ebenso zentral
halten wie den regionalen Bezug eines Centers.
In Husum setzen Sie auf das übergeordnete
Thema »Nordsee«. Aber was macht man in
Gießen?
In Husum haben wir das noch im Bau befindli-
che Center unter das Motto »Beach-House« ge-
stellt, das Aspekte wie Sand, Wellen, Dünen im
Interieur widerspiegelt. Kürzlich haben wir dort
auch mit unserer Aktion »Steinpatenschaft«
jede Menge Menschen auf die Baustelle geholt.
Da konnte man die Steine, die verbaut werden,
mit dem eigenen Namen versehen, so dass
man als Kunde ein winziger Baustein im gesam-
ten Gefüge ist. Da sind drei Tage lang Leute von
uns vor Ort gewesen, haben den Kontakt zu
den Menschen gesucht. So etwas muss man
nicht machen, es bindet aber ungemein. Das ist
nur ein kleines Segment, aber andere Aktionen
mit demselben Ziel machen wir in Gießen ge-
nauso: Etwa Modenschauen oder, wie zu Be-
ginn des Jahres, die Miss Hessen-Wahl, die lan-
desweite Aufmerksamkeit erregt hat. Es ist na-
türlich richtig, dass man in einer durchschnittli-
chen Stadt wie Gießen nicht ein zentrales The-
ma hat. Dafür hat die Stadt andere Vorzüge: Sie
ist landschaftlich attraktiv gelegen, eines der
Oberzentren in Mittelhessen und durch die Uni-
versität jung und multikulturell. Es gibt über-
wiegend Durchschnittsverdiener, so dass man
günstige Angebote schaffen muss – etwa über
Woolworth, der preisgünstig bei relativ großem
Sortiment ist. Auch für die Älteren ist das wich-
tig, denn wir dürfen die Generationen jenseits
der 60 nicht vergessen. Nicht nur die Jungen
sind unsere Kundschaft, das versuchen wir in al-
len Centern zu berücksichtigen.
Ein Beitrag von
Susanne Osadnik
Chefredakteurin German Council Magazin
Martin Mörl
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