Page 29 - German Council Magazin 02.2014
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GERMAN COUNCIL . IN MOtION
© Alexander Vejnovic
gerzone die Handelsmarke im Online-Shop unterstützen soll. Das gilt gekehrt ein Schuh draus: Immer mehr »Pure Player« erkennen die
laut Doerr gleichermaßen für die Positionierung im Shopping-Cen- Werbekraft des stationären Geschäfts und machen sich das mit einer
ter: »Bei der Wahl des Standorts und den Ansprüchen an die Archi- eigenen Multichannel-Strategie durch Eröffnung realer Läden zunut-
tektur bleibt das Online-Geschäft immer im Blickpunkt.« ze. Beispiele dafür sind laut Joachim Stumpf, Geschäftsführer der IPH
Handelsimmobilien GmbH, der Online-Händler notebookbilliger.de,
Im Einzelnen stellen die Mieter nicht nur hohe Ansprüche an die Ar- oder My Toys, Cyberport, Bon Prix, Jako-O und selbst der Online-
chitektur, wie Doerr und Kreutz auflisten, sondern an die gesamte Schuhhändler Zalando.
äußere Optik, die Raumhöhe oder die Schaufensterfront. Wichtig sei
die Außenpositionierung der Marke und dass das Logo hervorsteche. Da der deutsche Einzelhandelsmarkt real kaum noch wächst, die Ver-
Denn die positive Außenwirkung der Immobilie gilt auch als Aushän- kaufsfläche aber zunimmt, ist klar, dass sich die Online-Konkurrenz
geschild für die Handelsmarke selbst (Stichwort: Corporate Architec- nicht überall gleich auswirkt. In den großen Städten werde sich die
ture). Dieser positive Eindruck soll auf den Online-Shop ausstrahlen. Nachfrage nicht verringern, weiß Kreutz, der 3 Aspekte unterschei-
Den Eindruck vom Laden soll der Kunde im Hinterkopf haben, wenn det, die die Standortwahl des Handels beeinflussen. Der Erste be-
er den Internet-Store »betritt«. Bei begehrten Lagen in den Citys gro- trifft den Trend in die Metropolen, der schon seit vielen Jahren zu
ßer deutscher Innenstädte sind laut Kreutz und Doerr die Architektur beobachten ist. Hier starten auch internationale Marken bevorzugt
und die äußere Optik heute sogar teilweise wichtiger als wichtige ihre Deutschland-Expansion.
Eckdaten im Mietvertrag.
Besonders gefragt sind deshalb Ecklagen und exponierte Flächen. ›Das Marketing in der High Street ist so
»Dabei spielt die Miete gar nicht mehr die ausschließliche Rolle«, stark, da wird die Spitzenmiete auch gerne
weiß Kreutz: »Das Marketing in der High Street ist so stark, da wird
die Spitzenmiete auch gerne einmal überboten.« Zumal Deutschland einmal überboten.‹
bei vielen internationalen Handelsmarken derzeit Zielmarkt Num-
mer eins und der Wettbewerb entsprechend groß ist. Allerdings wol- Jürgen Kreutz
len die Einzelhändler nur noch in den besten Teil der A-Lage, sodass
sich die Top-Lagen verkürzt haben. Die digitale Ausstattung der Ver- Zweitens ziehen die großen Shopping Center Frequenz aus den klei-
kaufsfläche – zum Beispiel WLAN – spielt beim Vemietungsgespräch neren Städten ab, wodurch diese unter Druck geraten, meint Kreutz.
dagegen keine Rolle. Drittens wirkt sich die Online-Konkurrenz mit ihrem vielfältigen An-
gebot stärker in kleineren Städten mit weniger als 100.000 Einwoh-
Dass der stationäre Einzelhandel durch seine Präsenz in den fre- nern aus, in denen das Angebot lückenhaft ist. Viele Filialisten aus
quenzstarken Innenstädten oder Shopping Centern im Wettbewerb der Modebranche haben diese Städte nicht mehr auf dem Radar.
mit den »Pure Playern« auch im Online-Handel beste Chancen hat,
weil seine Marke bekannt ist, während der Online-Händler viel Geld Gleichwohl haben Kreutz und Doerr auch den Gegentrend ausge-
in Werbung investieren muss, bestätigt auch Professor Gerrit Heine- macht – insbesondere bei Mode-Ketten, die schon sehr breit aufge-
mann von der Hochschule Niederrhein. Deshalb wird heute auch um- stellt sind und jetzt die Lücken in den Städten mit weniger als 50.000
GCM 2 / 2014