Page 28 - German Council Magazin 02.2014
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GERMAN COUNCIL . IN MOtION
Den Online-Shop immer im Hinterkopf
Innenstädte im Internet-Zeitalter: Einzelhändler denken bei der Expansion heute
zweigleisig. Ein Gespräch mit Comfort-Geschäftsführer Jürgen Kreutz und Thomas
Doerr.
Für den globalisierten Einzelhandel ist Deutschland Zielmarkt Num- lichkeiten bereits vor 15 Jahren prophezeit hatten, dass der stationä-
mer eins. Gleichzeitig steigt der Marktanteil des Online-Handels sehr re Einzelhandel in einigen Jahren nicht mehr gebraucht werde.
dynamisch. Welche Auswirkungen hat das auf deutsche Innenstädte?
Inzwischen nimmt ein wachsender Teil der stationären Einzelhändler
die umwälzenden Herausforderungen an und baut auf eine Multi-
Seit das Internet Mitte der 1990er-Jahre seinen Siegeszug angetreten channel-Strategie. Aus dem Kreis der vom HDE regelmäßig inter-
hat, diskutiert auch der Einzelhandel über die Folgen des eCommer- viewten Einzelhändler sind das inzwischen etwa 25 Prozent. Davon
ce für die Branche. Im Fokus die Fragen: Bei welchen Sortimenten sind ein Drittel für 2014 sehr optimistisch, da sie vom dynamisch
funktioniert der Online-Handel? Bei welchen Produkten, z.B. Schu- wachsenden Online-Handel profitieren. Zweistellige Zuwachsraten
hen, bevorzugt der Kunde den persönlichen Einkauf mit Anprobe im sind hier die Regel. 2013 war es ein Plus von 12 Prozent auf 33,1 Mrd.
Geschäft? Internet-Pilot-Projekte wie Karstadts »My World« wurden Euro. Für 2014 wird ein Wachstum von 17 Prozent auf 38,7 Mrd. Euro
gestartet und Online-Shops (z.B. von C&A) zunächst wieder zuge- erwartet.
macht, weil die eigene Stammkundschaft weder Computer noch In-
ternet hatte. Lange Zeit wusste der traditionelle Einzelhandel nach
den Worten von Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsver- ›Die Einzelhändler wollen über das
bands Deutschland HDE, nicht, wie er mit dem neuen Medium umge- stationäre Geschäft ihre Marke aufpolieren.‹
hen sollte.
Thomas Doerr
Mit der explosionsartigen Verbreitung von Computern, Internet und
Smartphones in weiten Teilen der Bevölkerung – insbesondere der Angesichts des wachsenden Online-Anteils bei innerstädtischen Sor-
Jugend – in Verbindung mit dem aggressiven Werbeauftritt von On- timenten wie Bekleidung, Schuhen und Büchern stellt sich deshalb
line-Händlern hat nun auch der etablierte Einzelhandel erkannt, dass die Frage, welche Auswirkungen das auf die Citys, den innerstädti-
er sich mit diesem Wandel auseinandersetzen muss. Zumal Experten schen Einzelhandel, seine Expansionspläne und seine Ansprüche an
wie Microsoft-Gründer Bill Gates angesichts der technischen Mög- die Handelsimmobilie hat? Behält Bill Gates am Ende doch Recht?
Dass die Multichannel-Strategie den innerstädtischen Einzelhandels
heute bei der Suche nach Standorten stark beeinflusst, kann Jürgen
Kreutz auf jeden Fall bestätigen.
Der wachsende Online-Handel ist »natürlich ein Hauptthema, das
uns alle beschäftigt«, fasst Kreutz zusammen: »Es wäre falsch zu sa-
gen, dass das keinen interessiert.« Der innerstädtische Einzelhandel
stehe natürlich unter Druck. Am deutlichsten lässt sich das an den
Ansprüchen ablesen, die Handelsmarken heute an die Immobilie
stellen. Zu den bekannten Qualitätskriterien der Immobilienbranche:
»Lage, Lage, Lage«, die mit Blick auf die Bedeutung der Handelsim-
mobilie als Verkaufsmaschine für den Mieter noch mehr Gewicht
hat, kommt laut Kreutz ein weiterer Dreiklang hinzu: »Marketing,
© Hufton+Crow Oder anders formuliert: »Die Einzelhändler wollen über das statio-
Marketing, Marketing«.
der Praxis. Auch wenn das nicht explizit gesagt werde, so stehe doch
Der Flagship Store, mit dem UNIQLO erstmals in ein deutschsprachiges Land eintritt, steht an der näre Geschäft ihre Marke aufpolieren«, berichtet Thomas Doerr aus
Berliner Tauentzienstraße, einer beliebten Einkaufsmeile mit zahlreichen internationalen Mode- die Multichannel-Strategie hinter den steigenden Ansprüchen, er-
und Lifestyle-Marken. UNIQLO wurde 1984 in Japan gegründet und ist derzeit mit mehr als 1.200 gänzt Kreutz. Und dazu gehört nach seiner Erfahrung die Überle-
Filialen in 14 Ländern weltweit vertreten. gung, dass die Außenpositionierung in der frequenzstarken Fußgän-
GCM 2 / 2014