Page 10 - German Council Magazin 04.2021
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GERMAN COUNCIL . KONSUM
Wenn Avatare »Angesichts der hohen Gehälter der Pro-
grammierer machen die Büromieten in
shoppen gehen ... der Kostenbilanz dieser Unternehmen
nicht viel aus«, sagt Stocker.
Fision: Softwareschmiede für
Mit virtuellen Umkleidekabinen wollen immer mehr Textilketten ihren Body-Scanning-App
Kunden den Einkauf über das Internet erleichtern. Filialisten wie H&M
und Peek & Cloppenburg hoffen, mit der neuen Technik nicht nur ihr Auch Zalando setzt darauf, dass sich die
Online-Geschäft zu stärken, sondern zugleich Kunden in den stationären hohen Bürokosten im Prime Tower lang-
fristig rentieren werden, indem die Berli-
Handel einzubinden. Wer künftig virtuell Klamotten anprobieren will, ner vom Zürcher Expertenreservoire pro-
muss seinen Körper vor Ort scannen lassen. Ein gute Gelegenheit für fitieren können. Ende vergangenen Jah-
das ein oder andere Schnäppchen res haben die Berliner das Schweizer
Start-up Fision übernommen. Eine klei-
ne, aber feine Softwareschmiede, die eine
Es ist eine der repräsentativsten Adressen vermittelt hat. »Diese Unternehmen be- Body-Scanning-App entwickelt hat. Frei-
in Zürich: Der Prime Tower mit seinen nötigen hochqualifizierte Arbeitskräfte – gemacht bis auf die Unterhose, können
126 Metern war bis vor wenigen Jahren und finden sie in Zürich.« Konsumenten über einen Scanner ihre
der höchste Büroturm der Schweiz, direkt Körpermaße exakt erfassen lassen – vom
am Bahnhof Hardbrücke gelegen. Er be- Das hat Tech-Giganten wie Amazon, Fa- Bauchumfang über die Ausprägung der
herbergt auf seinen 36 Stockwerken so cebook, Google, Microsoft und Oracle gesamten Muskulatur. Diese Technologie
namhafte Konzerne wie die Deutsche bereits in die besten und teuersten Büro- soll nun die Basis für virtuelle Umkleide-
Bank, die Fondsgesellschaft GAM und lagen der Schweizer Wirtschaftsmetropo- kabinen bilden.
den Software-Giganten Oracle. Dem- le gelockt. »Technologiefirmen müssen
nächst zieht ein weiteres internationales gute Pakete bieten, um die von ihnen be- Kunden sollen mit dem Smartphone ih-
Unternehmen hinzu: Der deutsche On- gehrten Spezialisten für sich zu gewin- ren eigenen Körper exakt scannen kön-
line-Modehändler Zalando hat die kom- nen«, sagt auch JLL-Researcher Stocker. nen. Aus den Daten sollen Rechner Ava-
plette 23. Etage und die Hälfte des sieb- Sie zahlten daher nicht nur Top-Löhne, tare schaffen – virtuelle Kunstfiguren, die
ten Stocks gemietet, um dort virtuelle sondern böten auch bestens ausgestattete den jeweiligen Sitz der 950.000 Schuhe
Umkleidekabinen zu programmieren. Büros, die den Mitarbeitenden auch und Kleidungsstücke aus dem Online-
Raum für Entspannung bieten. Die teu- Sortiment in diversen Größen auf dem
Der Einzug des Berliner E-Commerce- ren Mieten in den Toplagen fielen dabei Bildschirm widerspiegeln. »Unsere Kun-
Riesen mit mehr als 16.500 Mitarbeiten- für die Unternehmen kaum ins Gewicht. den sollen so Kleidungsstücke in der für
den und einem Jahresumsatz von rund
acht Milliarden Euro im Jahr 2020 in das
Zürcher Hochhaus steht für einen neuen
Trend: Immer mehr Technologieunter- © H&M
nehmen lassen sich in den besten Bürola-
gen der mit 422.000 Einwohnern größten
Stadt der Schweiz nieder. Genau dort, wo
bisher vor allem Finanzinstitute teuer re-
sidierten. »Tech-Firmen sind die neuen
Banken«, sagt David Schoch, Director
Research & Marketing bei der Immobili-
enberatungsgesellschaft CBRE in Zürich.
Grund dafür seien »die sehr gute For-
schungs- und Ausbildungsleistung an den
Universitäten, die hohe Lebensqualität
und die im internationalen Vergleich tiefe
Lohnsteuer«, sagt Daniel Stocker, Head
Research bei der Immobilienberatungsge-
sellschaft JLL, die den Mietvertrag zwi-
schen Zalando und dem Prime-Tower-Ei-
gentümer Swiss Prime Site Immobilien Digitale Anprobe: H&M-App
8 Shopping Places* Magazine 4 / 2021