GCM 5/2017
GERMAN COUNCIL . Recht und gesetz
ergänzt, wann schädliche Auswirkungen auf ei
nen zentralen Versorgungsbereich im Sinne von
§ 34 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) zu erwarten
sind. Nach dieser Vorschrift ist ein Vorhaben im
Innenbereich, für den kein Bebauungsplan gilt,
unzulässig, wenn es schädliche Auswirkungen
auf zentrale Versorgungsbereiche in der Ge
meinde oder in anderen Gemeinden erwarten
lässt.
Zunächst bestätigte das Bundesverwaltungsge
richt nochmals seine bisherige Definition der
schädlichen Auswirkungen. Danach sind diese
zunächst dann anzunehmen, wenn zentrale Ver
sorgungsbereiche ihren Versorgungsauftrag ge
nerell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht
mehr in substantieller Weise wahrnehmen
könnten. Eine Beeinträchtigung liegt zudem
auch dann vor, wenn (vor-)geschädigte Versor
gungsbereiche durch die Zulassung weiterer, bei
gesonderter Betrachtung jeweils unschädlicher
Vorhaben einen vollständigen Verlust ihrer Ver
sorgungsfunktion erleiden könnten.
Ergänzend zu dieser bisherigen Definition der
schädlichen Auswirkungen führt das Gericht so
dann aus, dass auch dann, wenn kein vollständi
ger Funktionsverlust drohe, ein Vorhaben unzu
lässig sein kann. Dies sei dann der Fall, wenn ein
schon vorgeschädigter zentraler Versorgungs
bereich weiter geschädigt würde bzw. seine »Er
holung« erschwert oder unmöglich gemacht
werde. Der rechtliche Ansatz, dass eine Intensi
vierung einer bereits gegenwärtigen Gefähr
dung als zur Unzulässigkeit des Vorhabens füh
rende schädliche Auswirkung zu würdigen ist,
läge schon einer seiner früheren Entscheidun
gen zugrunde (Urteil vom 12.2.2009, Az. 4 B
3.09): Dort führte das Bundesverwaltungsge
richt aus, dass ein vorhandener Betrieb – gege
benenfalls im Zusammenwirken mit weiteren
Einzelhandelsbetrieben an einem nicht integ
rierten Standort – bereits gegenwärtig die Funk
tionsfähigkeit eines zentralen Versorgungsbe
reichs gefährden könne. In einem solchen Fall
könnten auch Erweiterungen eines solchen Be
standsbetriebs, die lediglich das vorhandene
Sortiment auf größerer Fläche präsentieren sol
len, zu schädlichen Auswirkungen führen.
Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsge
richts legt nahe, insbesondere bei Verträglich
keitsgutachten zum Nachweis des Umstandes,
dass ein Neuvorhaben keine schädlichen Aus
wirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche
erwarten lässt, auf die vorstehenden Kriterien
sorgfältig einzugehen. Dies betrifft insbesonde
re die Untersuchung, ob ein zu prüfender zent
raler Versorgungsbereich eine Vorschädigung
aufweist und wenn ja, dass das Neubauvorha
ben dessen »Erholung« nicht erschwert oder
unmöglich macht und dass der neue Betrieb
eine bereits bestehende Schädigung nicht ver
stärkt.
Mit Beschluss vom 25.10.2016 (3 B 2377/16) hat
der Verwaltungsgerichtshof Kassel Ausführun
gen dazu getätigt, wann sich ein Einzelhandels
betrieb gegen einen neu hinzugetretenen Kon
kurrenzbetrieb in unmittelbarer Nachbarschaft
bauplanungsrechtlich zur Wehr setzen kann –
und zwar im Hinblick auf das durch den neuen
Betrieb hervorgerufene zusätzliche Verkehrs
aufkommen auf den umliegenden öffentlichen
Straßen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn die
Erreichbarkeit oder die Benutzbarkeit des
Grundstücks durch den hervorgerufenen An
stieg des Straßenverkehrs unzumutbar beein
trächtigt wird.
Diese Entscheidung kann im Einzelfall von be
sonderer Bedeutung für bestehende großflächi
ge Einzelhandelsbetriebe sein, in deren Nach
barschaft sich ein weiterer solcher Betrieb an
siedeln will. Solche Neuansiedlungen entstehen
nicht selten in verkehrlich verdichteten Gebie
ten, so dass der Bestandsbetrieb durch die Ver
kehre, die ein großflächiger Neubetrieb auslöst,
im Hinblick auf seine verkehrliche Erschließung
nennenswert beeinträchtigt werden kann.
Bestehende Einzelhandelsbetriebe könnten da
her bei entsprechenden Anhaltspunkten, etwa
wenn schon aktuell Probleme hinsichtlich der
Grundstückserreichbarkeit wegen des hohen
Verkehrsaufkommens bestehen, eine fachgut
achterliche Untersuchung in Auftrag geben, ob
die Erreichbarkeit und/oder Benutzbarkeit ihres
Grundstücks durch den hervorgerufenen An
stieg des Straßenverkehrs unzumutbar beein
trächtigt wird.
In dem entschiedenen Fall verneinte der Ver
waltungsgerichtshof jedoch eine solche Beein
trächtigung: Gemessen an den Feststellungen
eines verfahrensgegenständlichen Fachgutach
tens, welche nicht substantiiert in Frage gestellt
worden seien, hätte nicht angenommen wer
den können, dass die Erreichbarkeit und/oder
die Benutzbarkeit der Grundstücke des beste
henden Einzelhandelsbetriebs durch das ange
fochtene Vorhaben unzumutbar beeinträchtigt
werden.
Die in diesem Beitrag dargestellten Entschei
dungen zeigen damit einmal mehr, dass sich die
Rechtsprechung bzgl. der bauplanungsrechtli
chen Zulässigkeit von (großflächigen) Einzel
handelsvorhaben stets fortentwickelt und auch
in Zukunft Entscheidungen zu erwarten sein
werden, die von Bedeutung für die Planung
bzw. Abwehr von (großflächigen) Einzelhan
delsvorhaben sein werden.
Ein Gastbeitrag von
Dr. Johannes
Grooterhorst,
Eversheds Sutherland
(Germany) LLP,
Düsseldorf,
- Beiratsmitglied
Dr. Johannes Grooterhorst ist Mitglied im GCSC-
Expertenkommitee »Politische Arbeit«.
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