GCM 5/2017
GERMAN COUNCIL . Recht und gesetz
Auch in den vergangenen zwölf Monaten hat
sich gezeigt, dass der (großflächige) Einzelhan
del in seinen mannigfaltigen Ausgestaltungen
regelmäßig Gegenstand der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts sowie der Ober
gerichte der Länder ist.
Diese Rechtsprechung soll zum Anlass genom
men werden, mit dem vorliegenden Beitrag auf
ausgewählte Entscheidungen zu dieser Thema
tik einzugehen. Dabei handelt es sich um Ent
scheidungen zur Berechnung der Verkaufsflä
che, zum Begriff der schädlichen Auswirkungen
auf einen zentralen Versorgungsbereich sowie
zur Anfechtbarkeit der Baugenehmigung für ei
nen Konkurrenzbetrieb wegen verkehrlicher
Auswirkungen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner
Leitentscheidung vom 9.11.2016 (Az. 4 C 1.16)
den Begriff der Verkaufsfläche weiter präzisiert
und klargestellt, dass eine überdachte Fläche
zum Abstellen von Einkaufswagen außerhalb
des Gebäudes eines Lebensmittelmarktes nicht
Teil der Verkaufsfläche ist. Von der Nichteinbe
ziehung dieser Fläche in die Berechnung hing
die Zulässigkeit des gesamten Vorhabens ab.
Über die Einbeziehung solcher Flächen in die
Verkaufsflächenberechnung herrschte bislang
in Rechtsprechung und Literatur Uneinigkeit.
Das Gericht hat damit seine Rechtsprechung
zur Verkaufsflächenberechnung in bedeuten
der Weise ergänzt und der Planungspraxis ein
klares Abgrenzungskriterium zur Verfügung ge
stellt, indem die Verkaufsfläche – in der Regel –
erst dort beginnen soll, wo der Kunde das Ge
bäudeinnere betritt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das
Gericht ausgeführt, dass die Verkaufsfläche als
Maß dazu diene, die Attraktivität und Wettbe
werbsfähigkeit eines Einzelhandelsbetriebes zu
beschreiben. Zur Aufenthaltsqualität würden
Flächen im Gebäudeinneren – schon witte
rungsbedingt – deutlich stärker beitragen als
solche außerhalb des Gebäudes, selbst wenn
letztere überdacht sein sollten. Prägend für die
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit sei da
mit das vom Käufer wahrgenommene Innere
des Gebäudes und »nicht aber der Weg dort
hin«. Die Verkaufsfläche beginne daher grund
sätzlich erst dort, wo der Kunde das Gebäude
betrete. Diese Abgrenzung gebe der Praxis ein
handhabbares Kriterium an die Hand. Etwas an
deres gelte dann, wenn Freiflächen in bedeu
tendem zeitlichen Umfang direkt dem Verkauf
dienten, also auf ihnen Waren angeboten oder
präsentiert würden. In diesen Fällen wöge die
eindeutige Zuordnung der Fläche zum Verkaufs
vorgang schwerer als das Fehlen einer räumli
chen Zuordnung zum Inneren des Gebäudes.
Das sei bei – auch überdachten – Flächen zum
Abstellen von Einkaufswagen aber gerade nicht
der Fall.
Mit diesen eindeutigen Aussagen trägt das
Bundesverwaltungsgericht zur Beseitigung bis
heriger Unklarheiten in der Planungspraxis bei
der Verkaufsflächenberechnung bei. Die Ent
scheidung zeigt zudem einmal mehr, dass der
rechtlich zutreffenden Verkaufsflächenberech
nung elementare Bedeutung für die Zulässig
keit eines Einzelhandelsvorhabens zukommen
kann. Hängt die Zulässigkeit des Vorhabens von
der Verkaufsfläche ab, ist eine bauplanerisch
und rechtlich fundierte Verkaufsflächenberech
nung unabdingbar.
In einer weiteren Leitentscheidung (12.1.2017,
Az. 4 B 43.16) hat das Bundesverwaltungsge
richt zudem seine höchstrichterliche Definition
GroSSflächiger Einzelhandel
im Bauplanungsrecht
Ausgewählte Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung
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