Page 18 - German Council Magazin 05.2019
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GERMAN COUNCIL . ÖKOLOGIE





      © tunart – istockphoto.com                                               sich 51 Prozent der 2.000 befragten Konsu­
                                                                               menten für eine Waschmaschine mit einem
                                                                               Kaufpreis von 600 Euro entscheiden, wenn
                                                                               ihnen der Hersteller garantieren würde, dass
                                                                               das Gerät mindestens zehn Jahre hält und
                                                                               Ersatzteile für den Fall einer Reparatur eben­
                                                                               so lange vorrätig währen. Zwölf Prozent der
                                                                               Befragten würden sogar 900 Euro für eine
                                                                               Waschmaschine ausgeben, wenn diese eine
                                                                               Lebensdauer von 15 Jahren hätte. Immerhin
                                                                               fünf Prozent würden sogar 1.200 Euro für ein
                                                                               Gerät mit einer Haltbarkeitszeit und Ersatz­
                                                                               teilversorgung von 20 Jahren aufwenden.

                                                                               Vorreiter: Franzosen verbieten geplante
                                                                               Obsoleszenz

                                                                               Weil es diese Garantien nicht gibt, würden
                                                                               sich jedoch gegenwärtig 70 Prozent der Be­
                                                                               fragten für den Kauf einer günstigen Wasch­
                                                                               maschine zum Maximalpreis von 350 Euro
       Funktioniert jetzt in beide Richtungen: Ikea kauft gebrauchte Möbel neuerdings auch wieder zurück  entscheiden. Das Ergebnis der Studie zeige,
                                                                               dass sich Verbraucher für teurere, hochwer­
                                                                               tige Produkte entscheiden würden, »wenn
       Umweltschützer begrüßen solche Aktionen.   meint das Endstück eines Brotlaibs. Was bei   sie einfache und gut verständliche Informati­
       »Kunden, die sich für gebrauchte Möbel ent­  Partner­Bäckereien am Ende des  Tages an   onen zur Qualität, Langlebigkeit und Repa­
       scheiden, setzen ein klares Zeichen für den   Broten übrig bleibt, sammelt das Unterneh­  rierbarkeit bekämen«, sagt Siddharth Pra­
       Umwelt­ und Naturschutz«, sagt Leif Miller,   men ein und wirft es in den Braukessel, um   kash, Experte für nachhaltige Produktpolitik
       Bundesgeschäftsführer des Naturschutz­  daraus Bier zu zaubern. »Hierdurch können   beim Öko­Institut.
       bundes Deutschland (NABU). »Noch immer   wir bis zu einem Drittel des normalerweise
       landen zu viele noch funktionsfähige Möbel   nötigen Braumalzes mit getrocknetem, ge­  Dass es durchaus möglich ist, extrem lang­
       in der Müllverbrennung, daher muss der Ge­  häckseltem Brot ersetzen«, sagt Geschäfts­  lebige Waren  herzustellen, zeigt das  »Cen­
       braucht­Markt unbedingt gestärkt werden.«   führer Anthes.              tennial Light«. Das »hundertjährige Licht« ist
                                                                               eine 30­Watt­Glühlampe, die – penibel doku­
       Auch im Textilsegment ist das Second­Hand­  Verbraucher würden mehr für Qualität   mentiert – seit dem Jahr 1901 in der Feuer­
       Geschäft kräftig am wachsen. Nachdem im­  und Langlebigkeit bezahlen    wache »Station 6« in der kalifornischen
       mer mehr Konsumenten gebrauchte Kleidung                                Stadt Livermore nahe San Francisco brennt.
       auf den Internetseiten von Re­Commerce­An­  Knärzje sei damit auch symbolisch ein Zei­  Und sie ist nicht die einzige Glühbirne aus
       bietern wie Buddy & Selly, Mädchenflohmarkt,   chen gegen die Verschwendung von Lebens­  dieser Ära, die heute noch funktioniert. Was
       Kleiderkreisel und Rebelle an neue Nutzer ver­  mitteln. »Unglaubliche zwei Millionen  Ton­  die vor 120 Jahren produzierten Lampen bis
       kaufen, haben inzwischen auch große Unter­  nen Backwaren landen jährlich im Müll, ob­  heute leuchten lässt, sind ihre extrem di­
       nehmen einige Marktplätze für getragene Tex­  wohl sie noch einwandfrei genießbar wä­  cken Glühfäden aus Kohle. Die Produktion
       tilien aufgezogen. Zu den Vorreitern zählen die   ren«,  sagt Anthes. Im  Mittelalter  sei Bier   solcher Glühbirnen wird eingestellt, als die
       US­Outdoor­Anbieter Patagonia und The North   auch »flüssiges Brot« genannt worden. »Wir   international führenden Glühlampenherstel­
       Face, die auf ihre gebrauchten Kleidungsstü­  nehmen diese Bezeichnung wortwörtlich   ler am 15. Januar 1925 in Genf das Phoe­
       cke sogar ein Jahr Garantie geben.   und werfen für die Tonne bestimmtes Brot in   bus­Kartell bilden. Der US­Konzern General
                                           den Braukessel, um Genuss zu ermöglichen   Electric, der deutsche Mitbewerber Osram
       Glühbirnen können mehr als 100 Jahre   und Lebensmittelverschwendung zu vermei­  und der niederländische Produzent Philips
       brennen!                            den«, sagt der Geschäftsführer.     kommen gemeinsam mit einigen heute
                                                                               nicht mehr existierenden Marken überein,
       Selbst Lebensmittel mit abgelaufenem Halt­  Der effektivste Weg, um nachhaltig zu wirt­  die Lebensdauer ihrer Glühbirnen auf 1.000
       barkeitsdatum werden inzwischen wieder   schaften, ist der, den auch viele Verbraucher   Stunden zu beschränken, um mehr Produk­
       verwendet – um daraus ein süffiges Gebräu   unterstützen würden, wenn sie es denn könn­  te zu verkaufen.
       zu machen. In der Bankenmetropole Frank­  ten: Produkte fertigen, die besonders langle­
       furt haben Daniel Anthes und Ralf Wagner   big und reparaturfreundlich sind. Nach einer   Es ist der Beginn des Zeitalters der Planned
       das Start­up Knärzje aufgezogen. Der Begriff   neuen Umfrage des Freiburger Öko­Instituts   obsolescence, des geplanten Einsatzes von
       stammt aus der hessischen Mundart und   im Auftrag des Bundesumweltamtes würden   Sollbruchstellen zur Begrenzung der Le­


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