Page 16 - German Council Magazin 05.2019
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GERMAN COUNCIL . ÖKOLOGIE




       Legosteine aus Zuckerrohr,                                              reicht. Damit sind nachhaltig angebaute Nah­
                                                                               rungsmittel und Fleisch aus ökologischer
       Bier aus altem Brot                                                     Tierhaltung zwar noch ein Nischenprodukt
                                                                               mit einem Marktanteil von lediglich 6,7 Pro­
                                                                               zent. Insgesamt setzte der deutsche Lebens­
                                                                               mitteleinzelhandel 2018 nach Berechnung
       Immer mehr Verbraucher wollen mit gutem Gewissen konsumieren.           des EHI Retail Institutes Waren im Gesamt­
       Deshalb schließen sich ökologisches Wirtschaften und Rendite nicht      wert von 162,1 Milliarden Euro um. Allerdings
       mehr automatisch aus. Im Gegenteil: Ein grünes Image kann durchaus      hat das Geschäft mit Bio­Produkten in den
                                                                               vergangenen Jahren überdurchschnittliche
       den Aktienkurs beflügeln. Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben        Zuwachsraten von jeweils mehr als fünf Pro­
       wollen, müssen daher neues Umweltbewusstsein zum Teil ihrer DNA         zent verzeichnet – und könnte künftig noch
       machen, sind Marktbeobachter überzeugt                                  stärker zulegen. Denn nachhaltig erzeugte Le­
                                                                               bensmittel gibt es längst nicht mehr nur in
                                                                               Öko­Läden, Reformhäusern und auf Wochen­
                                                                               märkten.  »Insbesondere  die  Discounter  und
       Es ist eine Herausforderung: 3.000 einzelne   genteil: Ein grünes Image kann bei börsen­  Vollsortimenter des Lebensmitteleinzelhan­
       kleine Steine müssen exakt zusammenge­  notierten Konzernen den Aktienkurs treiben.   dels steigerten im vergangenen Jahr den Um­
       setzt werden. Ist die Arbeit korrekt bewältigt,   »Anleger sehen die zunehmende Relevanz   satz mit ausgeweiteten Sortimenten an Bio­
       steht ein mächtiger Stamm samt Baum­  der Nachhaltigkeit und sind überzeugt, damit   Lebensmitteln«, sagt Joyce Moewius, Refe­
       haus, grünen Blättern und diversen Pflanzen   hohe Renditen erzielen zu können«, sagt   rentin beim Bund Ökologische Lebensmittel­
       auf der Grundplatte. Das Lego­Baumhaus ist   Achim Küssner, Sprecher der Geschäftsfüh­  wirtschaft (BÖLW).
       eines der komplexesten Sets, das das däni­  rung  der Kapitalanlagegesellschaft Schro­
       sche  Unternehmen bislang  auf  den  Markt   ders Investment Management in Frankfurt,   Noch stärker ist der Absatz von Fairtrade­Tex­
       gebracht hat – und das bisher grünste. Nicht   die mehrere Aktienfonds aufgelegt hat, die   tilien in Deutschland gestiegen. Wurden im
       wegen der Farbe der vielen Klemmbaustei­  ausschließlich in Papiere von nachhaltig   Jahr 2011 lediglich 16,3 Millionen Euro mit
       ne, sondern wegen deren Ausgangsstoffs.   agierenden Konzernen investieren.   solchen Kleidungsstücken umgesetzt, waren
       Gefertigt ist der Großteil der Einzelteile nicht                        es 2018 nach Angaben des Fördervereins
       wie in der Vergangenheit aus dem auf Rohöl   Fast elf Milliarden Euro für   TransFair in Köln 146,07 Millionen Euro. Allein
       basierenden  Acrylnitril­Butadien­Styrol,  son­  Bio-Lebensmittel       von 2017 auf 2018 betrug der Zuwachs 17
       dern aus pflanzlich gewonnenen Polyethylen                              Millionen Euro oder 13,1 Prozent. Das Fairtra­
       – produziert aus Zuckerrohr.        »Weltweit entscheiden sich immer mehr Ver­  de­Siegel vergibt  TransFair an Produzenten,
                                           braucher für grüne Produkte«, sagt Katie   die sicherstellen, dass Bauern, die Baumwolle,
       Das Baumhaus­Set sei ein »wichtiger Schritt   Young, Managerin bei der global agierenden   Flachs, Hanf oder andere Rohstoffe anpflan­
       in  unserem  ehrgeizigen  Ziel,  alle  Lego­Ele­  Londoner  Marktforschungsgesellschaft Glo­  zen, sowie die Beschäftigten in den Webereien
       mente aus nachhaltigen Materialien herzu­  balWebIndex, deren Kundenspanne von Digi­  und Fabriken existenzsichernde Löhne erhal­
       stellen«, sagt Tim Brooks, Vizepräsident für   talunternehmen wie BuzzFeed bis hin zu klas­  ten, sich in Gewerkschaften organisieren kön­
       Umwelt­Fragen beim weltgrößten Spielzeug­  sischen Konzernen wie Sony reicht. Vor allem   nen und an sicheren Maschinen in von Schad­
       hersteller, der im vergangenen Jahr einen   Millennials, die Altersgruppe der vom Jahr   stoff unbelasteter Umgebung arbeiten. »Um­
       Umsatz  von umgerechnet  3,4 Milliarden   1985 bis zum Jahr 2000 Geborenen, seien   welt­ und Menschenrechte sowie Transparenz
       Euro erzielte. »Wir investieren viel Zeit und   überdurchschnittlich stark daran interessiert,   in Lieferketten werden zunehmend wichtige
       Mühe in die Suche nach ökologischen Mate­  nachhaltig zu konsumieren, sagt Sarah   Faktoren  für  Kaufentscheidungen«, sagt  Die­
       rialien, um die natürlichen Ressourcen zu   Schmansky,  Vize­Präsidentin Wachstum  &   ter Overath, Vorstandsvorsitzender von Trans­
       schonen.«                           Strategy bei der Londoner Marktforschungs­  Fair Deutschland.
                                           gesellschaft Nielsen. Dies zeigten Umfragen
       Auf diesem Weg ist Lego nicht allein. Welt­  der Gesellschaft. Danach seien 53 Prozent   Öko-Textilien erobern den Markt rasant
       weit sind immer mehr Unternehmen dabei,   der Millennials bereit, ihre bisherige Marke zu
       ihren ökologischen Fußabdruck zu schmä­  wechseln, um besonders umweltfreundlich   Ebenso steigt die Nachfrage nach ökolo­
       lern. Denn immer mehr Verbraucher wollen   produzierte Waren zu erwerben. Bei den Ba­  gisch  produzierten  Textilien  – nach  Klei­
       nur noch mit gutem Gewissen konsumieren.   byboomern, den Angehörigen der letzten ge­  dungsstücken, die weder bei der Rohstoffge­
       Wer diesen Kundenwunsch bedient, kann   burtenstarken Jahrgänge, die zwischen 1955   winnung, noch bei deren Verarbeitung die
       schnell Vorteile im Wettbewerb erzielen.   und 1969 das Licht der Welt erblickten, seien   Umwelt belasten. Als strengste Zertifizie­
       »Ethisch einwandfreies und nachhaltiges   dazu hingegen nur 34 Prozent bereit.   rung gilt dabei der Global Organic  Textile
       Wirtschaften schließen Rendite nicht aus«,                              Standard (GOTS), erarbeitet vom Internatio­
       sagt Martin Stötzel, geschäftsführender   Allein in Deutschland hat der Absatz von Bio­  nalen Verband der Naturtextilwirtschaft in
       Partner bei der Düsseldorfer Vermögensver­  Lebensmitteln im vergangenen Jahr die neue   Berlin, der Japan Organic Cotton Associati­
       waltung Rhein Asset Management. Im Ge­  Rekordmarke von 10,91 Milliarden Euro er­  on, der Organic  Trade Association in den


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