Page 13 - German Council Magazin 05.2019
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GERMAN COUNCIL . ÖKOLOGIE




         mit einem Messer die Kehle aufgeschlitzt
         wird.« Zum anderen, weil die Schafzucht zu
         Umweltbelastungen führe: »Um Herden ge­
         gen Pilze und Bakterien zu wappnen, werden                                                                 © Gina Kelly / Alamy Live News
         die  Tiere in Chemiebäder getaucht; oftmals
         wird die giftige Brühe in der Natur entsorgt
         und führt zu starker Gewässerverschmut­
         zung.« Als Alternative empfiehlt Peta Textilien
         aus Bambus, Baumwolle, Hanf und Leinen –
         aber auch aus Kunstfasern: »Vor allem Poly­
         esterfleece hält dank seiner bauschigen Fa­
         sern kuschelig warm und trocknet sehr
         schnell.«

         Hingegen warnen Naturschützer vor künstli­
         chen Fasern. Nach einer Studie von Niko Hart­
         line, Umweltwissenschaftler der University of
         California in Santa Barbara, emittieren Klei­
         dungsstücke aus Fleece bei jedem Wasch­
         gang bis zu 100.000 Mikrofasern. Diese kön­
         nen in Kläranlagen nur zum Teil herausgefil­
         tert werden. Das Gros landet in Flüssen und
         schließlich im Meer, wo sie Schadstoffe an
         sich binden. Fische nehmen die giftigen Mi­
         kroplastik­Teilchen auf. Am Ende der Nah­
         rungskette werden die winzigen Fasern vom
         Menschen verzehrt.

         Auch Baumwolle schneidet in der Analyse
         von Umweltschützern schlecht ab. »Kaum   Innenstadt von Minneapolis (Minnesota, USA), 20. Dezember 2016: Fast nackte PETA-Protestlerinnen trotzen der
         eine andere Pflanze wird häufiger mit Pestizi­  Kälte, um gegen die Schädigung von Schafen während der Wollproduktion zu protestieren
         den und Insektiziden behandelt«, warnt Jenny
         Walther­Thoß, Referentin für nachhaltige Bio­
         masse  beim World  Wide  Fund for  Nature   zent. Der Naturschutzbund Deutschland kriti­  dass Ladengeschäfte bis spätestens 2020
         (WWF) in Berlin. Zudem sei der Wasserver­  siert allerdings die Eurostat­Statistik, da sie   keine Tragetaschen aus Kunststoff mehr an
         brauch beim Anbau dramatisch: »In einem   nur erfasse, wie viel Prozent des Mülls in Re­  ihre Kunden ausgeben dürfen. Ausgenom­
         einzigen Kilogramm Baumwolle stecken   cycling­ und Kompostierungsanlagen angelie­  men sind lediglich die dünnen  Tütchen für
         durchschnittlich 11.000 Liter Wasser.« Akzep­  fert werde, jedoch nicht die weitere Verwer­  Obst und Gemüse. Zuvor ist bereits in den
         tabel sei einzig Bio­Baumwolle, die ohne   tung analysiere. Das Mainzer Marktfor­  vergangenen Jahren der Gebrauch von
         Pflanzen­ und Insektenschutzmittel in was­  schungsunternehmen Conversio kommt in ei­  Kunststofftragetaschen stark zurückgegan­
         serreichen Regionen angebaut werde.  ner Untersuchung zu dem Schluss, dass von   gen. Nutzten die Deutschen 2015 im Schnitt
                                             den im Jahr 2017 angefallenen 6,2 Millionen   noch 68 Plastiktüten pro Jahr, waren es 2018
         Quellen:                            Tonnen Kunststoffabfällen 2,8 Millionen Ton­  lediglich 20.
         Peta, University of California, WWF  nen – rund 47 Prozent – werkstofflich recycelt
                                             wurden. Die übrigen 53 Prozent hingegen wur­  Doch die Öko­Bilanz der Kunststoff­Behältnis­
                                             den »energetisch« verwertet, zu gut Deutsch:   se ist nicht so schlecht, wie der von Ersatz­
         Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft!  in Müllverbrennungsanlagen verfeuert.   produkten. »Plastiktüten sind nicht per se
                                                                                 schlimm«, sagt das Umweltbundesamt. »Sie
         Ja, stimmt. Aber ... wir versuchen, das zu än­  Quelle:                 belasten vor allem dann die Umwelt, wenn sie
         dern. Nach einer Studie der europäischen Sta­  Eurostat, Conversio Market & Strategy   in die freie Natur gelangen.« Denn der Kunst­
         tistikbehörde Eurostat wurden in Deutschland                            stoff von achtlos weggeworfenen Tüten zer­
         im Jahr 2017 bereits 67,6 Prozent aller Sied­                           setze sich erst nach Jahrhunderten. Werden
         lungsabfälle recycelt oder kompostiert. Damit   Papiertüten sind besser als Plastiktüten  sie hingegen im Hausmüll entsorgt, könnten
         war die Bundesrepublik Spitzenreiter unter al­                          sie recycelt werden.
         len Mitgliedsstaaten. Im EU­Durchschnitt hin­  Stimmt so nicht. Bundesumweltministerin
         gegen betrug die Recyclingquote nur 46,5 Pro­  Svenja Schulze (SPD) hat Plastiktüten den   »Tragetaschen aus Papier sind aus ökologi­
         zent. Schlusslicht war Malta mit nur 6,4 Pro­  Kampf angesagt. Ihr Gesetzentwurf sieht vor,   scher Sicht nicht generell besser als solche

                                                                                                        GCM 5 / 2019 11
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