Page 14 - German Council Magazin 04.2021
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GERMAN COUNCIL . WERTE




         © lightpoet – stock.adobe.com                       troffen sind als der Einzelhandel mit Branchen des aperio-
                                                             dischen Bedarfs und einer ausgeprägt hohen Nachfragelas-
                                                             tizität. Dazu zählen beispielsweise Bekleidung (modischer
                                                             Bedarf), EDV/Hard- und Software (Branche Elektro/Tech-
                                                             nik), Werkzeuge (Branche DIY) oder Möbel und Leuchten.


                                                             AUSSICHT AUF VERBESSERTE MARKTRAHMENDATEN
                                                             SPORNEN AN


                                                             Mit der Mode- und Bekleidungsbranche trifft es erneut –
                                                             wie bereits schon während der Corona-Krise – die Leit-
                                                             branche der Haupteinkaufsstraßen und Shopping Center.
                                                             Die Branche startete mit starken Umsätzen ins zweite
                                                             Quartal des Jahres und machte sich auf, im Sommer 2022
                                                             schon  fast  wieder  an das  Umsatzniveau der  Vergleichs-
                                                             monate im Vor-Corona-Jahr 2019 anzuknüpfen. Jetzt
                                                             zeichnet sich aber eine Umsatzabkühlung ab, die wieder
                                                             Züge der Corona-Hochphase annehmen. Dabei wird
                                                             aber, und das ist anders als zur Lockdown-Zeit der Coro-
          Aufgrund von Inflation und drohender Energiekrise ändern viele   na-Krise, nicht nur der stationäre Handel von der Kon-
          Konsumenten ihr Einkaufsverhalten                  sumzurückhaltung getroffen, sondern ebenso der Online-
                                                             Handel. Entsprechend entfällt verschiedentlich die stüt-
                                                             zende Wirkung des Umsatzes aus dem eigenen Online-
                                                             Store des stationären Einzelhändlers. Für Highstreetlagen
          Vielmehr sparen die Konsumenten derzeit gegen die Kri-  und Shopping Center wird es daher jetzt besonders dar-
          se an. Die Sparneigung klettert auf den höchsten Wert   um gehen, stationäre Einzelhändler zu stützen. Denn es
          seit über elf Jahren.                              ist davon auszugehen, dass ähnlich dem Verlauf der Co-
                                                             rona-Krise die Konsumenten nach einer gewissen Über-
          Der Einzelhandel ist von derlei Entwicklungen gleich   gangsphase und dem gelernten Umgang mit einer neuen,
          mehrfach betroffen: Die Konsumenten reagieren mit Kauf-  unbekannten Krisensituation wieder in die Innenstädte
          zurückhaltung und kaufen nur noch das Nötigste, die   und Shopping Center zurückkehren, um ihre Einkäufe zu
          Energiekosten steigen enorm, die Personalkosten dürften   tätigen oder die Gastronomie an belebten Orten zu genie-
          im Zuge anstehender Tarifabschlüsse zulegen, und der ge-  ßen. Der Herbst und Winter wird für Teile des Einzelhan-
          stiegene Verbraucherpreisindex sorgt aufgrund indexierter   delshandel wie auch der Immobilienbranche zwar heraus-
          Mietverträge vielfach für eine Mietpreiserhöhung. Mit   fordernd, aber die Aussicht auf verbesserte Marktrah-
          Blick auf den derzeit befürchteten Anstieg der Corona-In-  mendaten für das Jahr 2023 lohnen, die aktuelle Misere
          zidenz im bevorstehenden Herbst-Winter könnte zudem   solidarisch zu meistern. Alles in allem befinden wir uns in
          durch die Umsetzung verschiedener Corona-Maßnahmen   einer außergewöhnlichen starken pandemie- und geopoli-
          erneut das für den stationären Einzelhandel so wichtige   tischen getriebenen starken Zäsur, ohne dass wir eine völ-
          Weihnachtsgeschäft zusätzlich belastet werden. All dies   lig grundlegende Veränderung der Rahmenbedingungen
          trifft auf eine Lage, die nach den Einschlägen durch die   im Sinne eines Paradigmawechsels haben. Zäsuren bedin-
          Corona-Epidemie, die bereits äußert angespannt ist. Ent-  gen Einschnitte, mit Einschnitten konnte der Handel bis-
          sprechend pessimistisch blickt der (stationäre) Einzelhan-  her umgehen.
          del auf das kommende Winterhalbjahr.

          Gleichwohl  sind  nicht  alle  Einzelhandelsbranchen  glei-  Ein Gastbeitrag von
          chermaßen betroffen. Einkäufe von Waren des täglichen   Ralf-Peter Koschny (Vorstandssprecher) und
          Bedarfs sind, trotz der Preissteigerungen, kaum substitu-  Martin Steininger (Chef Volkswirt),
          ierbar oder temporär aufzuschieben, weshalb der nahver-  Beratungs- und Analyseunternehmen bulwiengesa
          sorgungsorientierte Einzelhandel, so Super- und Drogerie-
          märkte, Discounter und Verbrauchermärkte, weniger be-



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