Page 12 - German Council Magazin 03.2019
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GERMAN COUNCIL . TRANSFORMATION




       operierenden Börsenspekulanten in einem   ist Saunders mit seinen Ideen selbst der heu-  abbucht, haben es die Kunden damit nicht so
       hässlichen Manöver aus der Gesellschaft ge-  tigen Zeit voraus. In seinem in jenem Jahr er-  bequem wie einst im Keedoozle: Heute müs-
       drängt. Für den Macher ist das ein Tiefschlag   öffneten Keedoozle-Supermarkt erreicht das   sen sie den Einkauf selbst in  Tragetaschen
       – aber  kein  Knock-out. Er  steht  wieder auf,   Einkaufserlebnis eine vollkommen neue Kom-  stopfen. Bei Saunders bekamen sie diese, ad-
       den Kopf voll mit neuen Geschäftsideen, die   fortstufe: Alle Waren werden in kleinen Fä-  rett gepackt, überreicht.
       er nacheinander in Angriff nimmt.   chern in großen mit Glas verkleideten Rega-
                                           len präsentiert. Neben jedem Fach befindet   1948 – vollautomatisierter Supermarkt
       Erstes Sportsponsoring der Geschichte  sich ein kleiner Schlitz. Jeder Kunde be-  namens »Foodelectric«
                                           kommt einen Schlüssel mit einer kleinen Pa-
       Als Erstes gründet er eine neue Supermarkt-  pierkarte. Will er eine Ware kaufen, steckt er   Wie bei den »Sole Owner Stores« ist auch dies-
       Kette, direkt in Memphis, um seinem ersten   Schlüssel und Karte in den Schlitz, so häufig,   mal der Name Programm: Keedoozle ist eine
       »Baby« Konkurrenz zu machen: Sole Owner   wie die Stückzahl, die erwerben will. Auf der   Verballhornung von »Key does it all« – Der
       Stores – zu deutsch: alleiniger Geschäftseigen-  Rückseite fallen die Flaschen, Dosen oder   Schlüssel erledigt alles. Eine zweite Keedooz-
       tümer. Der Name soll ein klarer Hinweis an die   Päckchen auf ein Fließband, während gleich-  le-Filiale kann Saunders noch eröffnen. Dann
       Kunden sein, dass nicht externe Investoren mit   zeitig ein von elektrischen Stromkreisen ge-  stoppt der Zweite Weltkrieg vorerst seine Ex-
       kurzfristigen Profitinteressen, sondern aus-  steuerter Stempel die Karte mit speziellen Lö-  pansionspläne. Die wenigen Hersteller elektro-
       schließlich Saunders selbst über die Geschi-  chern perforiert und so vermerkt, welche Pro-  mechanischer Lochkarten-Technik werden für
       cke des Unternehmens bestimmt – und zwar   dukte in welcher Menge und zu welchem   die Kriegswirtschaft verpflichtet.
       mit dem klaren Ziel, dauerhaft zufriedene Kun-  Preis gewählt wurden. Am Ausgang des Ge-
       den zu binden. Das eigentlich Neue ist das   schäfts sortieren Angestellte anhand der   Perfekt ist das System noch nicht. Immer
       Werbekonzept: Saunders kauft ein hochkaräti-  Lochkarte die Einkäufe zusammen und schie-  wieder gibt es Fehlschaltungen. Bei hohem
       ges Football-Team zusammen, das vom Star-  ben anschließend die Karte durch eine Ma-  Andrang kommt das Fließband mit dem
       trainer Early Maxwell gecoacht wird und den   schine, die anhand der ertasteten Löcher die   Transport der Waren nicht hinterher. Kunden
       Namen der neuen Supermarktkette trägt. Es   Rechnung erstellt.          müssen dann lange an der Kasse warten, bis
       ist das erste Sportsponsoring der Geschichte                            sie ihre Einkäufe erhalten. Doch Saunders tüf-
       – und wird zu einem durchschlagenden Erfolg.   Vor der Erfindung des Computers, allein mit   felt in Zusammenarbeit mit Ingenieuren wei-
       Die »Sole Owner Tigers« besiegen gleich in ih-  der elektromechanischen  Lochkarten-Tech-  ter. Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, eröff-
       rem ersten Jahr die Top-Mannschaften der na-  nik, hat  Saunders damit »Shopping in com-  net er eine dritte Keedoozle-Filiale mit neuer,
       tionalen Liga. Die Green Bay Packers aus   fort« – Einkaufen mit Komfort – auf ein bis   besserer  Technik – und hegt noch größere
       Green Bay in Wisconsin, der klare Champion,   heute nicht wieder erreichtes Niveau geho-  Pläne: Er will den vollautomatisierten Super-
       unterliegen 6:20 gegen die Tigers. Wenn Saun-  ben. Auch wenn die moderne Digitaltechnik   markt schaffen, in dem Kunden sogar zu ih-
       ders´ Team im Stadium von Memphis aufläuft,   mit Near Field Communication (NFC) und ul-  rem eigenen Kassierer werden. Der Name:
       füllen tausende Fans die Ränge und bescheren   trasensiblen RFID-Chips es möglich macht,   Foodelectric.
       dem Selfmademan noch mehr Geld.     dass ein Minirechner in einem Einkaufswagen
                                           selbst registriert, welche Waren zu welchem   Die Idee: Kunden erhalten einen Einkaufswa-
       1937, ein Jahr bevor Eklöh in Osnabrück den   Preis in ihn hineingelegt werden und den Ge-  gen mit einem elektrischen Lochstreifen-
       ersten Supermarkt in Deutschland eröffnet,   samtbetrag automatisch vom Kundenkonto   Computer der damals neuesten Generation,
                                                                               dem »Shopping Brain«. Dahinein tippen sie
                                                                               Warenmenge und Preis. Der Rechner addiert
                                                                               fortwährend die Beträge. Am Ausgang wird
     © Doug Coldwell – commons.wikipedia.org                                   Konzept nicht mehr. Im Alter von 72 Jahren
                                                                               bezahlt. Realisieren kann Saunders dieses
                                                                               stirbt er überraschend am 14. Oktober 1953.

                                                                               Zu diesem Zeitpunkt ist Eklöh einer der ganz
                                                                               großen Akteure im deutschen Einzelhandel. In
                                                                               der Trümmerlandschaft der deutschen Städ-
                                                                               te baut er nach dem Zweiten Weltkrieg eine
                                                                               ganze Kette von Lebensmittelgeschäften und
                                                                               Supermärkten auf. Die 24 größten von ihnen
                                                                               veräußert er 1958 an ein Konsortium der Wa-
                                                                               renhauskonzerne Hertie, Horten, Karstadt und
                                                                               Kaufhof. Die zehn verbliebenen Supermärkte
                                                                               und 33 kleineren Geschäfte bündelt er in der
                                                                               neuen Eklöh GmbH. 1962 übernimmt er 95
                                                                               Prozent der Anteile an der Süßwarenkette
       Das »Keedoozle« revolutioniert den Einkauf mithilfe von elektromechanischer Lochkarten-Technik  Hussel, in deren Aufsichtsrat er bereits zuvor


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