German Council Magazin 02.2018 - page 11

GCM 2/2018
GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
Wissenschaft wird zunehmend nur noch durch
Drittmitteleinwerbung gerechtfertigt.
Wie haben Sie selbst es mit dem Lob gehand-
habt? Immerhin waren Sie bei IBM auch in ei-
ner Führungsposition …
Ich war in der ersten Zeit zu schüchtern mit Lob,
habe dann aber Psychologie studiert und Bücher
darüber geschrieben: Es geht gar nicht so sehr
um Lob. Mitarbeiter möchten geachtet und res­
pektiert werden, brauchen menschliche Auf­
merksamkeit und möchten, dass sich der Chef
für sie als Mensch interessiert und sie als Mensch
behandelt. Erst danach kommen Lob, Dank, Ge­
haltserhöhungen. Der Chef soll Coach und Vor­
bild sein. Es geht darum, die Mitarbeiter auf ih­
rem Weg zu fördern. Manche möchten einfach
nur von »9 to 5« arbeiten und ab und zu einen
Dank. Andere schauen auf ihre Karriere, und vie­
le Experten möchten so etwas wie Großmeister
werden. Junge sollten angefeuert werden, Älte­
re brauchen großen Respekt. »Artgerechte Hal­
tung von Techies« nahm ich mir vor. Es geht
nicht so sehr um Lob dafür, dass der Mitarbeiter
etwas für MICH als Chef vollbringt, sondern ER
SELBST muss vor allem wachsen – dann schafft
er schlussendlich auch mehr für meine Ziele, so
herum!
Sie sagten eingangs, dass Wissenschaftler an-
ders anerkannt werden möchten als beispiels-
weise Betriebswirte. Wie könnte eine Anerken-
nungskultur für beide Seiten aussehen?
Manager werden nach Zielerreichung bewertet,
sie schauen sehr genau, wie sich alles auf die
Karriere auswirkt. Da brauchen sie viel Feedback
zwischendrin, damit im Herzen keine Unsicher­
heit entsteht. »Danke« beruhigt sie. Sie fürchten
sich vor dem »Ende der Fahnenstange«. Techies
hoffen, in Projekten einmal Großes zu vollbrin­
gen; das gelingt sehr unregelmäßig und macht
sie nervös, weshalb sie auch Feedback brauchen
– im Sinne von Mut zusprechen. »Klasse« ermu­
tigt sie. Für mich geht es beim Feedback mehr
darum, in den Seelen der Mitarbeiter eine zuver­
sichtliche Balance zu halten. Sie sehen doch, wie
die bei Fußballern blitzartig verloren gehen
kann, wenn sie beispielsweise nicht in der Start­
elf stehen.
Denken Ihrer Ansicht nach immer noch zu viele
Führungskräfte und Chefs: »Wenn ich den
lobe, will der nur mehr Geld«?
Das ist Quatsch, steht auch überall zu lesen. Ma­
chiavelli sagt in meiner Auslegung: Der Fürst (»Il
Principe«) kann durch Furcht herrschen oder
eben »gut«. Furcht geht leicht und Coach/Vor­
bild ist schwer. Die Furcht darf nur nicht in Hass
umschlagen! Das ist schon alles für Durch­
schnittshoheiten. Für diese ist Lob eine Minde­
rung der Furcht und eben auch ihrer Autorität.
Wie könnte eine Anerkennungskultur der Zu-
kunft aussehen?
Die Kulturen verändern sich heute im Ganzen,
und damit auch die Art der Anerkennung. Frü­
her herrschten Könige absolut, es ging um
Macht, es gab Anerkennung für Gehorsam.
Dann sahen wir Großunternehmensbürokratien
mit langsamem Aufstieg, Dienstaltersstufen und
Senioritätsprinzip. Seit 25 Jahren verlangt man
einfach »Ergebnisse«, am besten in Zahlen. Das
führt zu invasivem Vergleichen und Zahlenent­
menschlichung. Wir sehen nun, dass der Quar­
talsdruck die Teamarbeit desaströs stört und vie­
le Mitarbeiter auf dem Weg zur Meisterschaft
nicht weit kommen, weil sie das ständige quanti­
tative Leistungsmessen zu sehr seelisch vom
Qualitativen ablenkt. In Zukunft brauchen wir
aber vor allem Professionalität und hohe techni­
sche Expertise, da die Routinearbeiten von Com­
Gunter Dueck
© Michael Herdlein
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