German Council Magazin 02.2018 - page 10

GCM 2/2018
GERMAN COUNCIL . INTERVIEWS
Herr Professor Dueck, wie wichtig waren für
Sie Anerkennung und Lob während Ihrer be-
ruflichen Laufbahn?
Der Wissenschaftler strebt natürlich nach
Ruhm und einer festen Stelle. Die Artikel müs­
sen in Zeitschriften mit hohem Impaktfaktor
erscheinen. Was soll da ein Lob? Von wem?
Oder ein »Wir danken Ihnen, dass Sie eine so
schöne Idee hatten«? Experten wollen eher
bewundert werden – ja, und ein Lob von ei­
nem echten Meister täte ihnen sehr gut. »Se­
hen Sie zu, dass Sie gleich auf Weltmeisterni­
ben mit Ahlswede zusammen den Prize Paper
Award der IEEE Information Theory Society für
eine neue Theorie der Nachrichten-Identifikati­
on gewonnen.« Diese Auszeichnung katapul­
tierte mich quasi gleich in so etwas wie eine Hall
of Fame, ich wurde IEEE Fellow und bekam bei
IBM sofort Direktorengehalt. Ich hätte dann
gleich einen Lehrstuhl bekommen, wollte aber
nicht mehr zurück.
Sie haben es nicht nur in der Wissenschaft zu
Ruhm und Ehre gebracht, sondern auch in der
freien Wirtschaft. Das ist eher ungewöhnlich,
weil das zwei vollkommen unterschiedliche
Welten sind – und man schon in einer von bei-
den scheitern kann ...
Na, zuerst war ich ja noch bei IBMWissenschaft.
Ich arbeitete mich dort in Optimierung ein – was
heute unter KI gemischt wird – und gründete in
der IBM ein erfolgreiches Start-up mit einigen
Millionen Jahresumsatz. Die Arbeiten in Opti­
mierung sind heute noch berühmter...
Bei IBM sind Sie in einer anderen Arbeitswelt
mit vollkommen anderem Wertekanon gelan-
det. Wie erkennt man dort die Leistungen sei-
ner Mitarbeiter an?
Techies sollen am besten etwas Neues hervor­
bringen, Manager die Ziele erreichen, der Ver­
trieb viel verkaufen. Man sah damals alles sehr
differenziert, aber mit dem SAP R3 und dem
Siegeszug der KPI-BWLer kam das Zahlenma­
nagement über die Menschheit, der Quartals­
druck und das Dauerrechtfertigen von allem,
was nicht Gewinn macht. Man fühlt sich als
Mensch nicht mehr so gewürdigt – und in den
Unis kommt diese Entwicklung jetzt nach;
»JUNGE SOLLTEN ANGEFEUERT WERDEN,
ÄLTERE BRAUCHEN GROSSEN RESPEKT«
Zu viel, zu wenig oder einfach nur falsch. Geht es um Anerkennung im Job, scheiden sich
die Geister. Für viele Chefs ist der Umgang mit Angestellten immer noch ein Buch mit sieben
Siegeln. Auch in den Führungsetagen großer Unternehmen herrscht relative Ratlosigkeit,
wie man jemandem vermittelt, dass er etwas gut gemacht hat – trotz zahlreicher Schulungen.
Reicht es, einfach »Dankeschön« zu sagen? Darf man überhaupt noch freundlich auf die
Schulter klopfen wie früher? Und funktioniert Lob für gute Leistungen bei Betriebswirten
gleichermaßen wie beim technischen Personal? Gunter Dueck, hochdotierter Mathematiker,
erfolgreicher IBM-Manager und gern »aneckender« Buchautor über das Dauerrechtfertigen
von allem, was nicht Gewinn macht, und warum viele Mitarbeiter auf dem Weg zur
Meisterschaft nicht weit kommen
veau kommen, das müssen Sie für einen Lehr­
stuhl sowieso, also fangen Sie sofort mit Ruhm
an und verschwenden Sie keine Zeit«, hat mir
mein Doktorvater Rudolf Ahlswede immer
wieder gesagt.
Und haben Sie es geschafft?
Schon, ja, aber zu spät. Ich bekam keinen Lehr­
stuhl (echt traurig!) und ging 1987 zum IBM
Wissenschaftlichen Zentrum der IBM in Heidel­
berg. Nach drei Jahren kam ein Brief der ameri­
kanischen Ingenieursvereinigung IEEE: »Sie ha­
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