German Council Magazin 04.2018 - page 60

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GERMAN COUNCIL . VOR ORT
daher ein selbstbewusstes Auftreten, das Zuversicht ausstrahlt. »Wenn
ich ankündige, dass etwas super wird, dann wird es auch besser bewer-
tet.« Bescheidenheit wirke nicht kompetent. »Lassen Sie alles weg, was
Sie schlecht dastehen
lässt«, rät der Experte.
Führungskräfte hadern
nicht bei Entscheidun-
gen, auch wenn sie
nicht alle Details ken-
nen. Das lässt sich
auch auf Handel und
Dienstleister übertragen. Der Mensch möchte, dass ihm die Angst genom-
men wird. Er glaubt, was ihm gesagt wird; sei es der Friseur, der im Brust-
ton der Überzeugung behauptet, der Beste seines Faches zu sein, oder
der Schuhverkäufer, der die weltbesten handgefertigten Schuhe verkauft.
»Geben Sie den anderen ein gutes Gefühl«, so Nasher.
Ein gutes Gefühl wollen die fünf Manager, die beim Kongress über ihre
Unternehmen referierten, ihren Kunden natürlich auch vermitteln. Und
das ist aus ihrer Sicht nicht mehr so leicht, weil die Ansprüche der Kun-
den steigen. Das musste auch Deutschlands größter Blumenfilialist Blu-
me2000 feststellen. Zwar revolutionierte das Unternehmen mit heute
200 Geschäften einst den Blumenverkauf durch die Einführung von
Selbstbedienung,
doch das Anordnen
der Sträuße und Pflan-
zen nach Preisen hatte
irgendwann
seinen
Reiz verloren. Gerade
stationär dürfe der
Preis nicht mehr im
Fokus stehen, in diesem Kampf verliere man gegen Online, ist Geschäfts-
führer Alexander Zoern überzeugt. Heute setzt das Unternehmen auf
einen ansprechenden Ladenbau, beschäftigt sich gar mit den Mood-
boards der Mode- und Dekobranche, um die neuen Farbtrends auch bei
den Blumen umzusetzen, wie Zoern berichtet. Weg von der Versorgung,
hin zur Verführung – Natur to go, einen Sehnsuchtsort für Großstädter
schaffen, so das Ziel, inklusive Online-Service. Bereits ein Viertel des Um-
satzes erzielt Blume2000 via Internet. »Für sich selbst kaufen die Kunden
gern stationär ein, für andere online. Der E-Commerce ist quasi die Be-
ziehungspflege auf Distanz«, sagt Zoern.
Ausschließlich online gestartet ist dagegen Amorelie vor sechs Jah-
ren. Das Ziel der Gründerinnen: Erotikprodukte für anspruchsvolle
Frauen in geschmackvollem Ambiente anbieten. Das Thema »Sextoys«
sollte aus der Schmuddelecke raus, so Mitgründerin und Chief Com-
mercial Officer Philippa König. Um bekannt zu werden, war das Unter-
nehmen gleich offensiv mit TV-Werbung gestartet. Mittlerweile ver-
kauft Amorelie neben den Spielzeugen für Erwachsene auch Dessous,
Kosmetik, Bücher und Parfüm. Auf der Internet-Seite gibt es Pro-
duktvideos, interaktive Tests und Chat-Möglichkeiten. »Wir wollen
Nähe zu den Kunden schaffen, indem wir online die beste Freundin
sind.« Doch Amorelie ist inzwischen nicht mehr nur (diskret) online.
Kooperationen beispielsweise mit der Drogeriekette dm brachten aus-
gewählte Artikel auch in den stationären Handel. Es habe eine Hemm-
schwelle für die Aufnahme der Produkte gegeben, gibt dm-Geschäfts-
führer Markus Trojansky zu. Doch die dezenten Verpackungen haben
schließlich überzeugt und dm wolle ja auch alles bieten, »was der
Gesundheit dient«.
Der Sex der alten Leute sei gutes Essen, wirft Claas Rudolf Habben von
der Schlachterei Beisser aus Hamburg mit in die Unternehmesrunde
ein. Sein Familienunternehmen hat sich den Premium-Steaks ver-
schrieben. Doch weil an so einem Rind ja noch mehr dran ist, ent-
stand die Idee für ein kommunikatives Gastronomie-Konzept; eine
Burger-Bar unter dem Namen Billy the Butcher. »Gerade unsere Bran-
che ist in den Negativschlagzeilen, es geht uns um Nachhaltigkeit und
Vertrauen. Wir bieten Erlebnis und Information in einem, das Hand-
werk wird in den Gastraum integriert«, so Habben. Auch sein Unter-
nehmen ist online aktiv und verschickt Fleisch per UPS. »Ich sehe den
Internethandel als zusätzliche Dienstleistung für unsere Stammkun-
den.« Habben wolle damit nicht den Münchner Markt aufrollen, aber
rund um die Uhr erreichbar zu sein, sei wichtig.
Den Premium-Markt aufrollen will Mark Bezner mit seinen Herrenhem-
den. Viele Jahre war die Marke Olymp im Segment bis 69 Euro tätig,
nun will das Unternehmen auch Kunden erreichen, die bis zu 119 Euro
für ein Hemd zahlen. Neben der anspruchsvollen Qualität soll auch
Werbegesicht Gerard Butler die Exklusivität vermitteln. Olymps Auf-
stieg ist beispielhaft dafür, was man mit werblicher Konsequenz errei-
chen kann. Als das Unternehmen 2006 mit Verbraucherwerbung be-
gann, lag der Umsatz bei 84 Millionen Euro, heute sind es 258 Millionen
›Lassen Sie alles weg, was
Sie schlecht dastehen lässt!‹
Jack Nasher, Verhandlungsberater
›Wir haben unsere Marke
emotionalisiert.‹
Hemdenfabrikant Mark Bezner, Olymp
© KD Busch (3)
Philippa König, AMORELIE
Alexander Zoern, Blume 2000 Blumen-Handelsgesellschaft
Claas Rudolf Habben, Beisser GmbH & Co. KG
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