Page 36 - German Council Magazin 04.2019
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GERMAN COUNCIL . MOBILITÄT
»Zu viel Verkehrsberuhigung Vornholz, Professor für Immobilienökonomie
an der EBZ Business School in Bochum. »Bei
führt letztendlich zu mehr der Verkehrsberuhigung müssen Stadtplaner
und Politiker darauf achten, dass sie nicht das
Kind mit dem Bade ausschütten.«
Emissionen« Parkplatzfrieden in Zürich
Politik und Planer wollen den motorisierten Verkehr in den Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Euro-
Städten massiv einschränken. Das gefährde nicht nur die Existenz pa sieht sich der Einzelhandel derzeit in die De-
fensive gedrängt. Im eidgenössischen Zürich
von Einzelhändlern, warnen Handelsexperten. Auch den Anwohnern ist sogar der »Parkplatz-Frieden« in Gefahr. Der
sei nicht damit geholfen, wenn Geschäfte aus den Zentren auf die wurde 1996 geschlossen, als sich Stadtrat und
grüne Wiese verlagert würden. Gleichzeitig bietet der E-Commerce Händler darauf einigten, für jeden oberirdisch
zugunsten von Fußgängerzonen und Grünflä-
neue Chancen für lokale Geschäfte und Shopping Center – sie könnten chen entsorgten Stellplatz einen neuen im Un-
in den kommenden Jahren zu innerstädtischen Logistik-Knotenpunkten tergrund zu schaffen. Der Münsterhof und der
werden Sechseläutenplatz wurden in den folgenden
Jahren autofrei, das große Parkdeck über dem
Fluss Sihl abgebrochen. Dafür entstanden Tief-
garagen beim Opernhaus und an der Gessne-
rallee. Doch nun wollen die linken Parteien, die
Buxtehude, das ist kein Märchenort, in dem ken können. Noch, denn die Stadtväter wollen seit der jüngsten Wahl über die Mehrheit im Rat
sich Hasen und Igel Wettläufe liefern und Hun- das ändern. verfügen, den Kompromiss aufkündigen. Stell-
de mit dem Schwanz bellen. Vielmehr ist es flächen sollen reduziert, die Automobile aus der
eine reale Hansestadt mit gut erhaltenem Be- Poller sollen auch diese Straße in eine Fuß- Stadt gedrängt werden. »Zürich muss eine Vor-
stand an mittelalterlicher Architektur. Ein Mit- gängerzone verwandeln, Lärm und Abgase so reiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel
telzentrum im südlichen Hamburger Speck- reduziert werden. Hatten Grüne, FDP und übernehmen«, sagt Simone Brander, Gemein-
gürtel, dessen Einwohner und Besucher es ge- Wählergemeinschaft im vergangenen Jahr ei- derätin der Sozialdemokratischen Partei der
nießen, in historischen Kulissen zu shoppen. nen solchen Antrag noch erfolglos gestellt, Schweiz. Andreas Zürcher, Geschäftsführer
An der 1320 fertiggestellten dreischiffigen will nun die CDU, nach der SPD zweitstärkste des Unternehmerverbands City-Vereinigung,
Backsteinbasilika St. Petri beginnt die Fußgän- Fraktion, das Vorhaben im Rat durchsetzen. sieht darin einen »Affront gegenüber dem Ein-
gerzone, gesäumt von Fachgeschäften in Bür- Es ist ein Ansinnen, gegen das die Einzelhänd- zelhandel«: Die Parkplätze seien für viele Ge-
gerhäusern. Nur am Ostfleth, einer Kopfstein- ler, organisiert im Altstadtverein, Sturm laufen. schäfte »überlebensnotwendig«.
pflasterstraße am Flüsschen Este, dessen Unterschriften werden gesammelt. »Die Kurz-
Wasser sich zehn Kilometer nördlich in die zeitparkplätze an dieser Straße müssen erhal- Auch den nach Abgas- und Lärmreduktion ru-
Elbe ergießt, sind noch Läden zu finden, vor ten bleiben«, hat Vereinsvorstand Ulli Wiegel fenden Anwohnern sei nicht geholfen, wenn
deren Türen Kunden direkt mit dem Auto par- dem Reporter der Lokalzeitung Neue Buxtehu- Geschäfte in ihrem näheren Umfeld schließen
der in den Notizblock diktiert. »Einen Wegfall müssten, weil weiter entfernt wohnende Kun-
dieser Parkplätze können wir nicht hinneh- den sie nicht mehr erreichen können, sagt Im-
mobilienökonom Vornholz. »Übertriebene Ver-
men«, sagt auch Apothekerin Ursula Jaenicke-
© rockete – pixabay.com Münzel. Denn gerade ältere, gehbehinderte kehrsberuhigungsmaßnahmen führen letzt-
endlich dazu, dass Einzelhändler gezwungen
Menschen aus der 40.150 Einwohner zählen-
den Stadt selbst sowie dem Umland sind auf
sind, aus den innerstädtischen Kernbereichen
in kleinere Malls auf der grünen Wiese vor den
das Auto angewiesen, um in Buxtehude einzu-
Toren der Städte auszuweichen.« Das führe
kaufen oder einen Facharzt aufzusuchen.
»unter dem Strich zu noch mehr Autoverkehr
Der aktuelle Konflikt in Buxtehude spiegelt wi- und steigenden Emissionen«.
der, womit der stationäre Handel in großen Me-
tropolen ebenso wie in Kleinstädten zu ringen In keiner Stadt auf dem Kontinent ist der öffent-
hat. Entlang von Einfallsstraßen und Einkaufs- liche Nahverkehr effektiv genug konzipiert, um
zonen klagen Anwohner über Verkehr, Lärm den Großteil der Beschäftigten mit Bahnen oder
und Schadstoffemissionen. Politiker machen Bussen zur Arbeit und zurück sowie alle Konsu-
sich das zu eigen und lassen Fahrwege sper- menten zu ihren Einkaufszielen zu bringen. »Für
ren, Parkplätze streichen. »Im schlimmsten Fall viele Menschen geht es bislang ohne Auto
bleiben am Ende verwaiste Geschäftsflächen nicht«, sagt der Immobilienökonom, der selbst
Marktplatz Buxtehude oder Ein-Euro-Shops zurück«, sagt Günter kein eigenes Fahrzeug besitzt, sondern mit Bus,
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