Page 26 - German Council Magazin 01.2020
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GERMAN COUNCIL . ROBOTICS




          Schneller, exakter                                                  der direkt an der Baustelle einzelne Ele-
                                                                              mente passgenau fertigt. Mit Kameras
          und billiger als jeder                                              und Sensoren vermisst die auf Raupen rol-
                                                                              lende Maschine die Bodenplatte und be-
                                                                              reits erstellte Mauerteile. Anschließend
          Handwerker                                                          fertigt sie mit ihren Greifarmen das
                                                                              nächste Element und passt es exakt ein.
                                                                              Dabei kann der Roboter sowohl Beton-
          Der Bauwirtschaft fehlen Fachkräfte. Universitäten und Unternehmen   teile gießen wie auch Stahlelemente auf
          entwickeln deshalb Roboter, die künftig Gebäude schnell und kosten-  den Millimeter exakt schneiden oder zu-
          günstig errichten sollen. Erste Versuche sind vielversprechend. Nun   sammenschweißen.
          geht es darum, passende Baumaterialien zu schaffen, die für die     »Baustellen sind an sich unstruktu-
          groben Greifarme geeignet sind                                      riert und können sich sehr schnell
                                                                              dynamisch verändern«

                                                                              Die  Entwicklung  von  Baurobotern  gilt
          »BatiPrint3D« ist schneller, exakter und   Handwerker hätte gezahlt werden müs-  derzeit als Top-Disziplin in der Entwick-
          billiger als jeder Handwerker. In nur 18   sen. Das Projekt zeige, dass »mit der 3D-  lung intelligenter, mobiler Maschinen. In-
          Tagen hat der Bauroboter mit einem pa-  Druck-Technologie bezahlbarer Wohn-  dustrieroboter und selbst Medizinroboter,
          tentierten dreidimensionalen Druckver-  raum geschaffen werden kann«, sagt Be-  die Ärzte bei Operationen unterstützen,
          fahren einen Bungalow in Nantes errich-  noit Furet, Professor für Robotics am Ins-  müssen nur auf vergleichsweise einfache
          tet: 95 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt   titut of Technology der Universität Nan-  Prozesse hin programmiert werden. Ein in
          auf fünf Zimmer – und das trotz Außen-  tes, an der BatiPrint3D entwickelt wurde.   einem Logistikzentrum eingesetzter Indus-
          wänden in kompliziert zu fertigenden   Ohne die futuristische Architektur hätte   trieroboter muss lediglich auf exakt defi-
          konkaven Formen. Lediglich beim Einbau   der Bungalow deutlich günstiger werden   nierten Laufwegen Produkte aus Regalen
          der Fenster sowie der Installation von   können. Die Form sei jedoch bewusst ge-  zu einem Förderband transportieren, sie
          Wasser- und Stromleitungen mussten noch   wählt, sagt Furet. »Die in Kurven ge-  dort ablegen und danach die nächste Ware
          Menschen Hand anlegen.            schwungenen Wände verbessern die   holen. Ein Roboter in einem Operations-
                                            Luftzirkulation im Inneren des Hauses,   saal muss exakt in einen Knochen bohren,
          Die Gesamtkosten belaufen sich auf   reduzieren die Luftfeuchtigkeit und brin-  damit  Mediziner  ohne  große  Schnitte
          195.000 Euro – 70 Prozent weniger als   gen eine bessere thermische Widerstands-  künstliche Hüft- oder Kniegelenke in den
          angesichts der aufwändigen Architektur   fähigkeit gegen den Verlust aufgewärm-  Patienten einsetzen können.
          bei einer klassischen Fertigung durch   ter Innenluft.«
                                                                              Beim Bau ist alles komplizierter. »Baustel-
                                            Bauhandwerker durch Roboter zu erset-  len sind an sich unstrukturiert und kön-
                                            zen – daran arbeiten Universitäten und   nen sich sehr schnell dynamisch verän-
                                            Elektronikunternehmen seit Jahren. Nun   dern«, sagt Markus Giftthaler, Forscher
                                            sind die ersten Prototypen einsatzbereit.   am Zentrum für Digitale Fabrikation der
                                            Am Lehrstuhl für Mechatronik und dem   ETH Zürich. Wo eben noch ein freier Weg
                                            Institut für Baubetrieb und Baumanage-  war, kann ein Kran einen Stahlträger ab-
                                            ment der Universität Duisburg-Essen wer-  gelegt haben oder nun ein Lastwagen par-
                                            den, gefördert vom Bundesministerium   ken. Bauroboter müssen deshalb in der
                                            für Wirtschaft und Energie, derzeit Seilro-  Lage sein, ständig ihre Umgebung auf Ver-
                                            boter getestet. An Stahlkabeln über den   änderungen hin zu scannen und alternati-
                                            Baustellen schwebend sollen sie Mörtel-  ve Wege zu ihrem exakten Einsatzort am
                                            schichten auftragen, Kalksteine heran-  entstehenden Gebäude zu finden. »Die
                                            transportieren und  auf den Millimeter ex-  Roboter«, sagt Giftthaler, »müssen nicht
                                            akt zu einem Mauerwerk türmen.    nur mobil, sondern auch agil sein.«

                                            An der Eidgenössischen Technischen   Mit dem Anspruch, selbstständig auf Bau-
                                            Hochschule (ETH) Zürich haben Wissen-  stellen agieren zu können, werden an Bau-
                                            schaftler den »In situ Fabricator« konst-  roboter höhere Anforderungen gestellt, als
                                            ruiert. Die Wortschöpfung im Lateini-  sie bislang die von Menschen ferngesteu-
                                            schen steht für »Hersteller vor Ort«. Da-  ert operierenden Feuerwehr- und Militär-
          Heimo Scheuch, Vorstandschef von Wienerberger  hinter verbirgt sich ein mobiler Roboter,   roboter leisten müssen. Dass dies möglich



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