Page 8 - German Council Magazin 04.2021
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GERMAN COUNCIL . WERTE




          Conduct, der auch explizit nach außen kommuniziert wird.
          Gleichzeitig ist die Welt immer noch viel zu voll von oppor-
          tunistischem  Verhalten  wie  die  Cum-Ex-Bankenskandale
          oder  das teilweise  unerträgliche, aber  ach  so populäre
          Greenwashing, um nur zwei Beispiele zu nennen.“                                                     © Florian Kunde – stock.adobe.com


          UNTERNEHMEN WERDEN AM STANDPUNKT GEMESSEN

          Nun ja, das Mittelalter ist lange passé, und auch die alt-
          ehrwürdige Hansetradition ist nicht zwingend jedem
          Projektentwickler oder Center-Betreiber im Kopf, ganz
          zu schweigen von Filialleitern und deren Mitarbeitern.
          Reinartz transportiert das Gedankengut in die heutige   Panorama der kompletten Altstadt von Lübeck, Königin der Hanse
          Zeit. „Ethik, Nachhaltigkeit, CSR – die Prinzipien des
          ehrbaren Kaufmanns kommen in vielen unterschiedli-
          chen Gewändern. Egal welches Vokabular gewählt wird,
          das Allermeiste ist und bleibt zeitgemäß. Unternehmen,
          Marken und Manager werden zunehmend daran gemes-
          sen, welchen Standpunkt sie in einem größeren gesell-  wird durch unternehmerisches Handeln die Welt besser
          schaftlichen Kontext beziehen. In anderen Worten, wie   – ohne die Gewinnerzielung aus dem Auge zu verlieren.
                                                             Die Ansprüche von Verbrauchern und auch der Gesell-
                                                             schaft steigen dahingehend, dass von Marken und Unter-
                                                             nehmen zunehmend eine Position und ein Standpunkt er-
                                                             wartet werden. Dieser Standpunkt kann vielfältiger Na-
         © Stephan Brendgen Fotodesign                       ner fairen Behandlung aller Wertschöpfungskettenteil-
                                                             tur sein – sei es zu einer nachhaltigen Produktion, zu ei-

                                                             nehmer, Bildung – auch beruflich, Gleichbehandlung,
                                                             gesellschaftlicher Integrität, zu Umweltgesichtspunkten
                                                             und vielem mehr. Dem erfahrenen Betrachter wird diese
                                                             Diskussion nicht ausnahmslos neu vorkommen, da es ge-
                                                             rade in Deutschland viele gute historische Beispiele ge-
                                                             sellschaftlicher Verantwortung von Unternehmern gab,
                                                             wie Alfried Krupp, Ernst Abbé oder Robert Bosch.“

                                                             KONSEQUENZEN GUT BEDENKEN

                                                             Rückbesinnung auf die Tugenden der Kaufmannschaft –
                                                             das steht auch Retail-Projektentwicklern oder Managern
                                                             großer Unternehmen gut zu Gesicht. „Vertrauen kommt
          Prof. Dr. Werner Reinartz                          zu Fuß, aber entfernt sich zu Pferde“, zitiert Professor
                                                             Reinartz. „Dieses holländische Sprichwort trifft den Kern
                                                             sehr gut.  Gerade Entscheider im Immobiliensektor, die ja
          DR. WERNER REINARTZ                                mit langfristig angelegten Investments arbeiten, dürften
                                                             wenig Mühe mit dem Prinzip haben. Das Prinzip, durch
          Werner Reinartz ist Professor für Marketing an der Univer-  Verhalten, Normen und Werte Langfristigkeit und Solidi-
          sität zu Köln sowie Direktor des Institut für Handelsfor-  tät zu praktizieren, ist so alt wie das Wirtschaften selbst.
          schung (IFH e.V.). Er studierte an der technischen Universi-  Bei Zweifeln zu einer bestimmten Handlungsweise rate
          tät München, legte in England seinen MBA in Betriebswirt-  ich jedem Entscheider, darüber nachzudenken: Was denkt
          schaft ab und promovierte an der Universität Houston in   meine Familie, wenn die Konsequenz meiner Entschei-
          Texas. Er hat international breit publiziert, und seine Arbei-  dung morgen auf der ersten Seite der Zeitung beschrieben
          ten wurden vielfach ausgezeichnet.                 steht?“



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