GCM 4 / 2012 GERMAN COUNCIL . recht und gesetz Stärkung der Innenstädte Bedeutung der BauGB-Novelle 2012 für Einzelhandelsprojekte Am 4. Juli 2012 hat das Bundeskabinett den Re- gierungsentwurf zur jüngsten Novelle des Bau- gesetzbuchs beschlossen. Das Gesetzgebungsver- fahren soll bis Jahresende abgeschlossen werden. Der Titel des Gesetzentwurfs lautet »Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts« – die Stärkung der Innen- städte steht also im Mittelpunkt. Welche Auswir- kungen werden die neuen Regelungen für Ein- zelhandelsprojekte haben? Hintergrund und Inhalt der neuen Regelungen Die Stärkung der Innenentwicklung ist kein neues Thema. Bereits mit der BauGB-Novelle 2007 hatte der Gesetzgeber wichtige Rege- lungsinstrumente geschaffen. Vor allem der Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB hat sich in der Praxis durchge- setzt und in den letzten Jahren vielfach be- währt. Daneben schuf die Novelle 2007 die Möglichkeit einfacher Bebauungspläne zur Er- haltung und Entwicklung zentraler Versor- gungsbereiche (§ 9 Abs. 2a BauGB). Stand 2007 noch die Erleichterung von Planungen der In- nenentwicklung im Vordergrund, so tritt bei der aktuellen Novelle 2012 die Erschwerung von Planungen auf der »grünen Wiese« hinzu. Die wichtigsten Regelungen für Einzelhandels- projekte: In § 1 Abs. 5 BauGB soll ein neuer Satz 3 die Planungsleitlinie aufstellen, dass die »städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen« soll. Dies müssen planende Gemeinden in ihrer Abwägung berücksichtigen. Ferner soll § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB künftig lauten: »Die Not- wendigkeit der Umwandlung landwirtschaftli- cher oder als Wald genutzter Flächen soll be- gründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zu- grunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.« Auch dies ist eine neue Vor- gabe für die kommunale Bauleitplanung. Außerdem soll § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB geändert und hier ausdrücklich klargestellt werden, dass zentrale Versorgungsbereiche im Flächennut- zungsplänen dargestellt und abgegrenzt wer- den können. Zwar haben Gemeinden diese Möglichkeit schon heute, die ausdrückliche Nennung im BauGB soll Gemeinden jedoch dazu ermuntern, ihren informellen Einzelhan- dels- und Zentrenkonzepten durch Übernahme in den Flächennutzungsplan ein stärkeres recht- liches Gewicht zu geben und die Konzepte bei der Aufstellung und Änderung von Bebauungs- plänen besser und koordinierter umzusetzen. Neben etlichen weiteren Änderungen kann schließlich die geplante Neufassung von § 17 Abs. 2 BauNVO für Einzelhandelsprojekte be- deutend sein. Künftig können Gemeinden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegten Obergren- zen des Maßes der baulichen Nutzung bereits »aus städtebaulichen Gründen« überschrei- ten. Bislang müssen »besondere städtebauli- che Gründe dies erfordern«. Auswirkungen auf Einzelhandels- projekte Die geplante Änderung des BauGB ist für viele Einzelhandelsprojekte relevant, aber längst nichtfüralle.FürdenBestandvonEinzelhandels immobilien und deren Nutzung ergeben sich keine Änderungen. Auch für Projekte, die auf der Grundlage bestehenden Planungsrechts – sei es auf der Grundlage eines geltenden Be- bauungsplans, sei es im unbeplanten Innenbe- reich nach § 34 BauGB – realisiert werden sol- len, ändert sich nichts. Relevant wird die BauGB- Novelle 2012 jedoch für Projekte, die die Auf- stellung oder Änderung eines Bebauungsplans erfordern: Dazu gehören Neuentwicklungen von Einkaufszentren, Fachmarktzentren und an- deren Einzelhandelsnutzungen, aber auch Er- weiterungen, Umbauten und Umnutzungen, die über das Maß dessen hinausgehen, was auf der Grundlage des bestehenden Planungsrechts zu- lässig ist. Wann immer eine Gemeinde für ein solches Projekt einen Bebauungsplan aufstellt oder ändert, muss sie nach Inkrafttreten des Ge- setzes die neuen Regelungen beachten. Dabei sind die praktischen Konsequenzen für inner- städtische Projekte und für Projekte an periphe- ren Standorten sehr unterschiedlich. a) Vorteile für innerstädtische Projekte Die wichtigste Erleichterung für innerstädtische Projekte bringt die Änderung von § 17 Abs. 2 BauNVO. Nach § 17 Abs. 1 BauNVO darf die Ge- meinde in ihren Bebauungsplänen bestimmte Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung grundsätzlich nicht überschreiten. Diese Ober- grenzen sind relativ niedrig: Selbst in Kerngebie- ten – d. h. typischen stark verdichteten Innen- stadtbereichen – beträgt die maximale Ge- schossflächenzahl (GFZ) nur 3,0, in Gewerbe- und Sondergebieten sogar nur 2,4, die maxima- le Grundflächenzahl (GRZ) hier 0,8. Bislang dürfen diese Obergrenzen nur überschritten werden, wenn »besondere städtebauliche Grün- de dies erfordern«. Die Rechtsprechung inter- pretiert dies so, dass eine »städtebauliche Aus- nahmesituation« vorliegen muss und stellt sehr hohe Anforderungen an die Darlegung der be- sonderen städtebaulichen Gründe sowie das »Erfordern«. In der jüngsten Vergangenheit hat- ten mehrere Oberverwaltungsgerichte Bebau- ungspläne für innerstädtische Projekte aufgrund dieser Regelung gekippt. Insbesondere in Groß- städten zeigte sich, dass die bisherige Regelung (die ursprünglich aus ökologischen Gründen in die BauNVO aufgenommen worden war) im Wi- derspruch zum Interesse der Innenentwicklung und Nachverdichtung steht. Dennoch urteilte etwa das Oberverwaltungsgericht Berlin-Bran- denburg, dass von den Obergrenzen auch bei der Aufstellung eines Bebauungsplans der In- nenentwicklung und unter Berücksichtigung