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GCM 4-2012

  GCM 4 / 2012 GERMAN COUNCIL . foren Interview mit Prof. Christoph M. Achammer Er gehört zu den bekanntesten und streitbarsten Vertretern seiner Zunft. Der Architekt Christoph M. Achammer ist ein Freund klarer Worte – egal, ob es um intregale Bauplanung, Nachhaltigkeit oder Ausbildung geht. Der Partner bei ATP Architekten und Ingenieure und Wiener Hoch- schulprofessor hat auch viele Jahre das Forum für Architektur des GSCS geleitet ... höchste Zeit für ein Gespräch, nicht nur über Architektur. Herr Professor Achammer, sind Sie ein misstrauischer Mensch? Nein, absolut nicht. Wie kommt es dann, dass Sie Sätze formulieren, wie »Wir müssen uns von einer heterogenen Misstrauensgesellschaft hin zu einer homoge- nen Vertrauensgesellschaft wandeln.«? Hört sich gar nicht nach ei- nem Architekten an. Das hat keinen persönlichen Hintergrund. Für unseren Berufsstand ist es vielmehr essenziell wichtig, dass alle an einem Bau beteiligten Kräfte, die Architekten, die Bauherren, die Ingenieure und die aus- führenden Firmen, an einem Strang ziehen. Nur so kann man sicher- stellen, dass mit dem Endergebnis, dem fertigen Gebäude, auch alle leben können. Das kann man bis zu einem gewissen Prozentsatz über Verträge regeln. Aber, damit es ein wirklich gutes Haus wird, ist ge- genseitiges Vertrauen notwendig. Daran mangelt es noch. Sie wurden 2011 von der ATGA zum Architekten des Jahres gewählt. Die Jury hat sich für Sie entschieden, weil Sie sich seit Langem für inte- grale Planung und eine neue Kultur in der Bauwirtschaft einsetzen. Was sollte sich unbedingt ändern? Überall in der Industrie, zum Beispiel im Automobilbau, wird »Simulta- neous Engineering« betrieben – also die gleichzeitige aufeinander ab- gestimmte Entwicklung aller Komponenten. In unserer Zunft dagegen arbeitet man noch wie im Mittelalter. Architekten, Tragwerksplaner, Haustechniker – jeder verfolgt seine eigenen Interessen. Die Ursache da- für liegt schon in der Ausbildung. Zu Studienbeginn verstehen sich Ar- chitekten und Bauingenieure noch prächtig, am Ende des Studiums wis- sen sie, wo der Feind sitzt. Sie verlassen die Hochschule mit einer akade- mischen Abneigung gegeneinander, die von den Dozenten auch noch gefördert wird. Die Zeche bezahlt der Bauherr mit einer überhöhten Baukosten- und Energierechnung. Deshalb muss es uns künftig einfach gelingen, solche Entwicklungen zu stoppen und dafür zu sorgen, dass schon die jungen Leute lernen, alle Planungsprozesse gemeinsam anzu- gehen. Bei meinen Studenten sehe ich allerdings schon Fortschritte. Klare Worte ..., Sie sind ein Freund davon. So ist Ihrer Ansicht Energie heutzutage noch viel zu billig, sollte also teurer werden. Macht man sich mit solchen Äußerungen Freunde? Freunde macht man sich nicht, Freunde gewinnt man im gegenseiti- gen Bemühen umeinander. Aber ich bin der Ansicht, dass klare State- ments unerlässlich sind. Und Energie sollte in der Tat noch teurer werden, weil wir noch immer sehr verschwenderisch damit umgehen. Insbesondere sollte aber eine Umschichtung aller Fördermittel weg von den Produkten hin zur Forschung erfolgen. Die zum Teil sinnlose Tapezierung von allen möglichen überproportional gedämmten Flä- chen mit Photovoltaik zulasten des Steuerzahlers könnte damit durch die Förderung innovativer Lösungen ersetzt werden, die uns ökono- misch und ökologisch konstant weiterbringen. Für Sie ist Manhattan, der bekannte New Yorker Stadtteil, der nach- haltigste Ort der Welt. Da fragt man sich, wie kommt er darauf? Das stammt nicht von mir, ist aber dennoch richtig. Ein Kollege von mir hat Manhattan, einen am stärksten verdichteten Ort in den USA, einer typischen amerikanischen mittelgroßen Stadt mit Einfamilien- häusern und Vorstadtidylle gegenübergestellt. Und dabei festge- stellt, dass Manhattan in puncto Nachhaltigkeit sehr viel besser ab- schneidet. Denn dort lebt man konzentriert auf engem Raum, in ho- hen Häusern. Wer in Manhattan zu Hause ist, hat keinen Garten, kippt also auch nicht jährlich 30 Kilo Unkrautvertilger auf den Rasen, verbraucht nicht Tausende Liter Sprit für sein Auto, weil er öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann. Manhattan ist für mich heutzutage ein Synonym für die beste ökologische Form des Zusammenlebens. Dazu gehört auch, auf den einen oder anderen Bau zu verzichten? Sie sagten einmal: »Im Industriebau müsste man sich vor jedem einzel- nen Neubau überlegen, ob man ihn überhaupt braucht ...« Absolut richtig. Das nachhaltigste Haus, ist das, das gar nicht gebaut wird. Unsere zentrale Aufgabe ist es, für den Kernprozess des Kun- den die bauliche Notwendigkeit zu definieren. Wenn es gar nicht nö- tig ist, neu zu bauen, sondern möglich, mit der vorhandenen Bau- substanz zu arbeiten, ist das in jedem Fall nachhaltiger als neu zu bauen. Dabei bauen Sie gerne, viel und immer wieder etwas anderes. Mit G3 im Norden von Wien ist gerade das erste »Öko-Einkaufszentrum« Ös- terreichs entstanden. Entspricht das Gebäude Ihrem Anspruch an Nachhaltigkeit? Nein, weil der Standort unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten schlecht gewählt ist. Immerhin steht es auf der grünen Wiese. Aber es ist das beste Produkt, das wir unter Einbeziehung aller Kriterien von Nachhaltigkeit herstellen konnten. Als Gesamtprodukt ist es zwar noch problematisch, weil die gewünschte Verdichtung nicht gegeben ist. Aber es zeichnet sich durch extrem niedrigen Energieverbrauch und eine 70.000 m2 umfassende Holzarchitektur aus. Forum Architektur Ein Gespräch mit Prof. Christoph M. Achammer

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