Page 12 - German Council Magazin 03.2021
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GERMAN COUNCIL . MENSCHEN




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          Ein weiblicher Azubi räumt unter Aufsicht der Verkäuferin ein Regal um


          Zu frühes Aufstehen,                                                ben zu erledigen und das Privatleben
                                                                              dem Job unterzuordnen – und nicht um-
          zu lange Arbeitszeiten,                                             gekehrt. Mitarbeiter wie Barbara sind
                                                                              das Rückgrat des Einzelhandels. Einen
                                                                              Krankenschein hatte sie seit 2015 nicht
          zu wenig Freizeit                                                   mehr. Damals hatte sie sich bei der Ar-
                                                                              beit die Hand  gebrochen. Nach  zwei
                                                                              Wochen war sie wieder da, weil sonst zu
          Der Mangel an Fachkräften ist der Dauerbrenner, der die Diskussionen   viel Arbeit angefallen wäre.
          um bessere Arbeitsbedingungen, neue Ausbildungskonzepte und         Sie ist hart im Nehmen, aber die Pande-
          angemessene Bezahlung anheizt – und zwar über alle Branchen hinweg.   mie hat sie geschafft – auch ohne Infekti-
          Überall fehlen Mitarbeiter: im Einzelhandel, in der Gastronomie, im   on. Statt aufatmen und auf eine entspann-
          Baugewerbe, im Handwerk und sogar in der IT-Branche, die jetzt Talente   te Post-Corona-Phase hoffen zu können,
          aus Litauen anwirbt. Und wie finden die anderen Wirtschaftszweige   geht es nahtlos weiter: Die Lieferengpässe
          ihren Nachwuchs?                                                    verknappen weiterhin bestimmte Waren,
                                                                              die Inflation beschert stetig steigende Prei-
                                                                              se – auch bei Artikeln, von denen man es
                                                                              gar nicht annehmen würde. Die Kunden
          Sie macht ihren Job gern. Seit vielen Jah-  den zum Gehen auffordern. »Das hat er   sind unzufrieden und nörgeln, weil alles
          ren ist sie als Führungskraft bei dem Voll-  auch konsequent gemacht«, sagt die Ab-  so teuer wird. »Wir haben allein die Prei-
          discounter in Süddeutschland im Einsatz.   teilungsleiterin, die ihren Namen nicht   se für Wachskerzen in diesem Jahr schon
          Schon vor der Pandemie gab es gute und   nennen möchte und wir sie deshalb »Bar-  fünf Mal erhöhen müssen«, so Barbara.
          weniger gute Tage. Corona war für sie   bara« nennen. »Es gab Zeiten, da wären   »Da ist  man ständig in Erklärungsnot.
          und ihre Kollegen eine weitere enorme   wir alle am liebsten zu Hause geblieben   Aber das erwarten die Kunden halt auch:
          Herausforderung, weil sich die Kunden   und jetzt merken wir, wie ausgebrannt   Sie fragen nach, warum was teurer ge-
          nur ungern an die neuen Einkaufsregeln   wir sind«, sagt sie.       worden ist und verdächtigen die Händler,
          halten wollten: Bitte nicht alles aus den                           sich selbst auf ihre Kosten zu bereichern.«
          Regalen zerren und anfassen, gesperrte   »Man ist ständig in Erklärungsnot«
          Zonen akzeptieren, Abstand halten,                                  Das Personal auf der Fläche ist häufig
          Maske tragen. Da gab es häufig zermür-  Aber sie macht weiter. Arbeitsethos   der Blitzableiter für Konsumentenfrust.
          bende Diskussionen und so manches Mal   nennt man das wohl. Sie gehört zu der   Und dann geht es halt schon mal um
          musste der Chef eingreifen und die Kun-  Generation, die gelernt hat, ihre Aufga-  Kerzen! Warum auch die teurer werden,



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