Page 10 - German Council Magazin 03.2021
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GERMAN COUNCIL . GLOKALISATION
Leere Regale, teure Waren wie zunächst angenommen. Vielerorts auf
der Welt gibt es immer noch nicht ausrei-
chend Vakzine, um die Bevölkerung zu
Der Handel sieht dem Weihnachtsgeschäft mit gemischten Gefühlen schützen. Außerdem bleiben diejenigen,
die sich der Impfung verweigern und da-
entgegen. Produktionsengpässe und Transportschwierigkeiten sorgen mit das Ende der Pandemie hinauszögern.
schon jetzt für Lücken in den Regalen. Kunden müssen sich auf Alles in allem sind die Aussichten nicht so
weniger Angebot und höhere Preise einstellen hoffnungsvoll, wie sie sich noch vor weni-
gen Monaten präsentierten.
Mit den ersten Sonnenstrahlen kehrte 37,6 Prozent beziehungsweise 19,6 Pro- Händler reduzieren ihre
auch die Kauffreude der deutschen Ver- zent unter dem Vorkrisenniveau. Produktpalette
braucher zurück. Der private Konsum
verhalf der Wirtschaft im Frühjahr zu Der Internet- und Versandhandel zeigt Das bleibt auch nicht ohne Folgen für
neuem Wachstum. Das Bruttoinlandspro- sich währenddessen vom wieder aufkei- den Einzelhandel. Der große Run auf ge-
dukt stieg zwischen April und Juni um 1,6 menden Wachstum des stationären Han- öffnete Läden und Geschäfte ist ausge-
Prozent zum Vorquartal, wie das Statisti- dels unbeeinflusst. Im März 2021 hatte blieben. Dennoch leeren sich die Regale
sche Bundesamt Ende August mitteilte. der Versand- und Internethandel einen im stationären Handel, weil der Nach-
Nachdem der Lockdown endlich beendet Umsatzrekord erzielt, von dem er – nach schub an Ware ausbleibt. Um nicht ir-
war, die Zahl der Geimpften langsam an- einem kurzen Rückgang im April – auch gendwann gähnende Leere präsentieren
stieg und die Vorfreude auf einen ent- im Mai nicht weit entfernt lag. zu müssen, haben Unternehmen bereits
spannten Sommer inklusive Urlaubsreise beschlossen, ihre Warenangebote deut-
aufkam, ging es scheinbar auch mit dem So weit die nüchternen Zahlen. Doch der lich zu reduzieren. Das schwedische
Einzelhandel bergauf. Euphorie des Frühjahrs ist längst die Er- Möbelhaus Ikea hat angekündigt, vom
nüchterung eines Sommers gewichen, der kommenden Jahr an rund 600 Produkte
Der Handel mit Nicht-Lebensmitteln, der jetzt schon offenbart, dass es nicht ganz aus dem aktuellen Sortiment zu strei-
seit Beginn der Corona-Krise von den so gut läuft wie erhofft. Seit Monaten ver- chen – das entspricht rund fünf Prozent
Einschränkungen stark betroffen ist, zögern sich Warenlieferungen infolge von des Angebots in Europa und vier Pro-
konnte sich im Mai 2021 real, kalender- durchbrochenen Lieferketten. Corona zent in Nordamerika. Auch beim Mö-
und saisonbereinigt um 6,7 Prozent ge- lässt auch die Produktionen selbst nicht bel- und Dekoanbieter Butlers sorgte
genüber dem Vormonat steigern. Dabei mehr reibungslos funktionieren. Dazu man sich schon in diesem Sommer, dass
verzeichnete der Handel mit Textilien, Be- kommt die Sorge um weitere Sanktionen einzelne Produkte zeitweise ausverkauft
kleidung, Schuhen und Lederwaren ein durch die mittlerweile dominante Delta- sein könnten. Discounter wie Aldi rech-
Plus von 72,1 Prozent,der Handel mit Variante des Corona-Virus. Der Weg zu- nen mit weiteren Lieferschwierigkeiten
Waren verschiedener Art (zum Beispiel rück in die Normalität führt nur noch be- für ihre Aktionsprodukte infolge von
Waren- und Kaufhäuser) von 15,3 Pro- dingt über die doppelte Impfung, wenn überbuchten und verspäteten Schiffen
zent. Beide Bereiche lagen aber noch um diese nicht mehr in dem Maße schützt, aus Asien. Selbst wenn es Schiffe und
Container gibt, heißt es nicht unbedingt,
dass die bestellte Ware auch im Hafen
ankommt. So berichten Handelsexper-
© Ralf Gosch – stock.adobe.com lende Lkw-Fahrer, die sich wieder im
ten vom Warenstau in China durch feh-
Lockdown befinden.
Sich auch weiterhin auf schwierige Liefer-
bedingungen einzustellen, ist aus Sicht
von Klaus Striebich daher nur konse-
quent. Zumal es der Kernaufgabe des
Einzelhandels entspreche, den Warenbe-
darf zu analysieren und dementsprechend
zu handeln – auch in Ausnahmezeiten.
»Wie sensibel der Verbraucher auf die ak-
tuelle Situation reagiert, haben wir ja be-
reits im Frühjahr gesehen, als wir erste
Engpässe beim Toilettenpapier, aber auch
Die globalen Lieferketten sind gestört, Millionen von Container lagern weltweit in Containerterminals bei Produkten wie Hefe oder Mehl gese-
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