Page 6 - German Council Magazin 03.2020
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 GERMAN COUNCIL . HERAUSFORDERUNG




          »Zurück aus den Tiefen                                              nachkommen. Vor den Krankenhäusern
                                                                              New Yorks werden im April Kühlan-
          der Krise«                                                          hänger geparkt, um tausende tote Kör-
                                                                              per vor der Verwesung zu bewahren, bis
                                                                              sie schließlich in Massengräbern beige-
                                                                              setzt werden können.
          Rund um den Globus erholt sich die Wirtschaft. Vor allem in
          Deutschland geht es schon wieder kräftig aufwärts, sodass der       Ebenso düster und verstörend sind die
          Eindruck entsteht, hierzulande habe man die Herausforderungen       Prognosen der Ökonomen. Die OECD,
          bislang besser gemeistert als in anderen Nationen. Über die Freude   die Organisation für wirtschaftliche Zu-
          darüber darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Pandemie noch   sammenarbeit und Entwicklung, verheißt
                                                                              in  ihrem  Juni-Gutachten  der  globalen
          nicht besiegt ist. Außerdem sind die gesellschaftlichen Aufgaben, die   Konjunktur einen Einbruch von bis zu
          vor uns liegen, weiterhin gewaltig: Klimawandel, Mobilitätskonzepte,   7,6 Prozent, der deutschen Wirtschaft
          Fachkräftemangel, globale Konflikte, Streit um die Verteilung natürlicher   von bis zu neun Prozent. »Die Corona-
          Ressourcen – das alles darf nicht auf die lange Bank geschoben      Pandemie  führt  zur  schwersten  Wirt-
          werden                                                              schaftsrezession seit fast einem Jahrhun-
                                                                              dert und hat gravierende Auswirkungen
                                                                              auf  Gesundheit,  Beschäftigung  und  Le-
                                                                              bensqualität«, warnt damals OECD-Ge-
          Es misst nur das Zehntausendstel eines   Jahres vor eine der größten Herausforde-  neralsekretär Angel Gurría.
          Millimeters – und es ist doch stark genug,   rungen der neueren Geschichte.
          das Gefüge der Weltwirtschaft zu erschüt-                           Es wird wieder konsumiert!
          tern: Das Sars-CoV2-Virus hat, Stand 28.   Die Pandemie hat inmitten eines 75 Jah-
          Oktober, nach Berechnungen der Johns-  re währenden Friedens in den Staaten   Doch die Wirtschaft ist resistenter als er-
          Hopkins-Universität mehr als 44 Millio-  der westlichen Industrienationen Bilder   wartet. Nachdem die Lockdowns aufge-
          nen Menschen rund um den Globus infi-  entstehen lassen, die an einen Kriegszu-  hoben werden, zieht rund um den Globus
          ziert und 1,17 Millionen Leben gefordert.   stand erinnern: In der Nacht vom 18.   der Konsum wieder an, fahren Unterneh-
          Von Regierungen zeitweise verhängte   auf den 19. März holt eine Kolonne von   men die Produktion wieder hoch. Anfang
          Lockdowns  und  die  Angst  der  Konsu-  Militärlastwagen Särge mit Covid19-  Oktober, zu Beginn des vierten Quartals,
          menten vor einer Infizierung haben die   Opfern aus dem italienischen Bergamo   wechselt Kristalina Georgiewa, geschäfts-
          globale Konjunktur zurückgeworfen. Ein   ab, weil die Krematorien in der 122.000   führende Direktorin des Internationalen
          winziges Gebilde aus Proteinen stellt die   Einwohner zählenden Stadt mit dem   Währungsfonds, von Moll auf Dur. Sie
          Menschheit seit Dezember vergangenen   Verbrennen von Leichen nicht mehr   verkündet: »Die Weltwirtschaft kommt
                                                                              zurück von den Tiefen der Krise.«

                                                                              Das Münchner IFO-Institut für Wirt-
         © kasto / stock.adobe.com                                            schaftsforschung und das europäische
                                                                              Ökonomen-Netzwerk EconPol heben in
                                                                              einer gemeinsamen Studie, basierend auf
                                                                              der  Befragung  von  950  Konjunkturex-
                                                                              perten in 110 Ländern, den Ausblick
                                                                              deutlich an: Um lediglich noch 4,4 Pro-
                                                                              zent  wird danach  die  globale Wirt-
                                                                              schaftsleistung in diesem Jahr zurückge-
                                                                              hen – und soll dafür 2021 kräftig zule-
                                                                              gen. Am besten soll danach China, Aus-
                                                                              gangspunkt  der  Pandemie,  durch  das
                                                                              Krisenjahr kommen – mit einem positi-
                                                                              ven Konjunkturwachstum von voraus-
                                                                              sichtlich 2,3 Prozent.

                                                                              Gut schlägt sich auch Deutschland. Wäh-
                                                                              rend die Bundesregierung Ende Septem-
                                                                              ber noch verhalten von einem Rückgang
          Einkaufen in Corona-Zeiten: Ohne Maske geht´s nicht                 von 5,8 Prozent beim Bruttoinlandspro-



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