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GCM-3-2015

  GCM 3 / 2015 GERMAN COUNCIL . vision Kann man dem Tod ein Schnippchen schla- gen? Einer der das ernsthaft vorhat, ist der 38-jährige Mathematiker Torsten Nahm, der in München lebt und sich nach einem möglichen zu frühen Tod in einem amerika- nischen Fachinstitut in Arizona einfrieren lassen möchte, um dann in vielleicht 200 Jahren wieder aufgetaut zu werden. GCM- Chefredakteur Thorsten Müller traf den Kryoniker (»kryos« = kalt) und erfuhr, was seine Beweggründe sind, wie teuer so etwas ist und wie der Vorgang technisch abläuft. Torsten Nahm: »Ich habe 1997 vom amerikani- schen Transhumanismus gehört und mich in dessen Thesen wiedergefunden. Transhumanis- ten sind Menschen, die unter anderem die Un- vermeidbarkeit des Alterns, die Grenzen des menschlichen Verstandes und künstlicher Intelli- genz, eine nicht selbst gewählte Psyche, mensch- liches Leiden und das Gebundensein an den Pla- neten Erde mittels Technik und Chemie überwin- den wollen. Stellen Sie sich vor, Sie sind noch ei- nigermaßen jung, aber unheilbar an Leukämie erkrankt und alle Therapiemöglichkeiten sind ausgeschöpft. Dann ist das Einfrieren im Ver- gleich zum Tod doch die bessere Alternative.« VISION GESUNDHEIT: LEBENSCOMEBACK IN 200 JAHREN? Der Münchener Mathematiker und Kryoniker Torsten Nahm (38) hat in den USA einen »Einfrier-Vertrag« unterschrieben Der Wirtschaftsprüfer hat bereits vor einigen Jah- ren einen detaillierten Vertrag mit dem US-Unter- nehmen Alcor in Arizona abgeschlossen. Parallel dazu auch eine Risikolebensversicherung. Ge- samtkosten für das »Abenteuer amerikanischer Tiefkühlung«: knapp 200.000 Dollar. Stirbt er in Deutschland, kümmert sich die Gesellschaft um die Erstversorgung und Überführung in die USA. Natürlich würde eine solche Sache bei einem plötzlichen Unfalltod nicht möglich sein. Nahm: »Ich weiß, dass das Ganze ein hohes Risi- ko trägt, doch ich stehe mit meinem Wunsch nicht allein.« Damit meint er, dass derzeit welt- weit ungefähr 200 »Langschläfer« schon jetzt auf ihre Erweckung in einem anderen Jahrhun- dert warten. »Genau gesagt auf den Zeitpunkt, zu dem ihre lebensbedohliche Krankheit medizi- nisch problemlos heilbar sein wird.« Um eine bessere Qualität beim »Vitrifizieren« (dem Einfrier- und Auftauprozess) zu erzielen, hat Nahm entschieden, nur seinen Kopf einfrie- ren zu lassen. »Das Körper-Klonen« sollte in der fernen Zukunft dann ja sicherlich auch kein Pro- blem mehr sein. Technisch läuft das Ganze so ab: Das Blut wird gegen eine Organschutzlö- sung ausgetauscht. Gewissermaßen eine Art Frostschutzmittel, das Schäden durch Eiskristalle verhindern soll. Sein Kopf liegt später bei knapp 200 Grad minus in flüssigem Stickstoff. Die Me- dizin hat diesbezüglich in den letzten Jahren ge- waltige Fortschritte gemacht. Beim Zukunfts- kongress, der kürzlich zum 14. Mal in Wolfsburg stattfand, waren die Wissenschaftler sicher, dass schon in wenigen Jahren zumindest kurzfristige Einfriermaßnahmen von zum Beispiel Organen erfolgreich und immer häufiger werden. Der ungetaufte Atheist Nahm, der Vorstands- mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ange- wandte Biostase (potenziell reversible Konser- vierung von Organismen) ist, findet es unge- heuer spannend, zu erfahren, was er wohl erle- ben wird, wenn er irgendwann im 23. Jahrhun- dert aufwacht. Für einige scheinbar eine echte Alternative zum Tod:   Das Einfrieren auf Zeit »Für eine wahre Vision gäbe ich allen Reichtum der Welt hin und alle Taten der Großen.« Henry David Thoreau (1817-1862), amerikanischer Schriftsteller und Philosoph Torsten Nahm (38), Mathematiker aus München, ist ein so­ genannter Kryoniker. Er will sich nach seinem Tod einfrieren lassen. »Vielleicht lebt man dann ja in einer Art Compu- terprogramm. Es gibt noch so viele ungelöste Fragen – gerade in den Bereichen der Logik und der Physik.« Doch wer kümmert sich dann ei- gentlich um ihn? Torsten Nahm: »Vielleicht ja mein Bruder, der hat den gleichen Plan!« Ein Beitrag von Thorsten Müller, Chefredakteur ©doggyhugs-istockphoto.com

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