Page 21 - German Council Magazin 02.2014
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GERMAN COUNCIL . IN MOtION
© Detlef Göckeritz © Detlef Göckeritz
wie: Ein Unternehmen sei eine Pyramide, funktioniere wie ein Uhr- sie nicht mehr lernen, sich auszudrücken. Das wurde in der Studie als
werk und der Menschen sei ein Homo oeconomicus. Dabei hat neues Phänomen beschrieben. Also habe ich sie im Management
noch niemand einen Homo oeconomicus gesehen und niemand verteilt mit dem Hinweis, dass wir künftig durch unsere Lehrlinge zu-
nimmt in Anspruch, selbst einer zu sein! Wo bleibt da die Wissen- nehmend mit diesem Phänomen konfrontiert werden. Daraus ist
schaft? Das ist Ideologie! Und warum ist es Ideologie? Weil mathe- dann das »Abenteuer Kultur« entstanden – ein fester Bestandteil un-
matische Modelle heute modern sind und die brauchen eben einen seres Ausbildungskonzeptes, bei dem unsere Lehrlinge während ih-
Ankerpunkt.
Schauen Sie sich die Leistungsprozesse einer Redaktion an: Hinten ›Wachstum ist die Folge von Veränderung,
wird Papier angeliefert, vorne kommt das Magazin heraus. Es geht nicht die Ursache dafür – wie man bei
immer horizontal: Input – Prozessing – Output. Unternehmen sind
netzwerkartige Prozessgeschehen, keine Pyramiden mit Unten und Kindern wunderbar beobachten kann.
Oben. Bei einem Netzwerk müssen Sie fragen, wo sind die Hubs? Vor Kinder verändern sich, dann wachsen sie.‹
40 Jahren spaßte man über »Management bei Jeans« – an den wich-
tigsten Stellen sitzen die größten Nieten. Genau dort müssen die Prof. Götz Werner
größten Potenziale sitzen, die Menschen bei ihren Problemen wei-
terhelfen! Es geht nicht um Schulterklappenhierarchie. Ein Unter- rer Ausbildung an zwei achttägigen Theaterworkshops teilnehmen.
nehmen sollte immer zum Kunden hin orientiert sein, nicht zum Vor- Allein im vergangenen Jahr gab es mehr als 100 Workshops mit mehr
gesetzten. Früher, da war das anders, deshalb muss heute immer als 2.000 Lehrlingen. Ich hätte nie gedacht, dass »Abenteuer Kultur«
noch Kundenorientierung gepredigt werden. so eine so nachhaltige Wirkung hat.
RW Helfen dabei Theaterworkshops, die alle Ihre Mitarbeiter bekom- RW: Im unternehmerischen Spannungsfeld aus Kontinuität und Krea-
men? tivität – wie kann ich mehreren Tausend Mitarbeitern Raum für Krea-
Wenn Sie es ernst nehmen, dass im Einzelhandel jeder auch Chef ist, tivität geben?
muss jedem klar sein, warum er das macht. Es geht um Sinnstiftung. Es ist einfacher, als man denkt: durch Wertschätzung und Zutrauen.
Der Mensch muss sich seines Menschseins bewusst werden. Das tut Wenn Menschen erleben, dass es in einer Situation auf sie ankom-
er im Schöpferischen. Entdeckt er es nicht, wird er auch in seinem men, dass sie den richtigen Einfall haben müssen, entwickeln sie
Umfeld nicht kreativ sein. Gerade bei den jungen Menschen ist es Schöpferkraft und Kreativität.
wichtig, dieses oft durch Umwelteinflüsse verschüttgegangene
Schöpferische zu wecken. Der Mensch ist kein Beeindruckungswe- Das Nadelöhr für das Management ist die Sinnstiftung, denn nur
sen, sondern ein Ausdruckswesen. Zur Persönlichkeitsentwicklung dann steigen Kunden ein. Der Mitarbeiter muss sagen, es ist manch-
bieten wir darum unseren Lehrlingen und Mitarbeitern Theaterwork- mal ein anstrengendes Durcheinander, aber es macht Sinn. Der Käu-
shops an. fer muss sagen, ich bekomme hier nichts geschenkt, aber es macht
Sinn. Der Lieferant muss sagen, ich bekomme zwar nicht die ge-
IB Eine ungewöhnliche Idee, wie ist sie entstanden? wünschten Preise, aber es macht Sinn. Das ist banal, aber wichtig.
Der Grund für die Einführung war ein Telefonat mit einem Lehrling Und damit dies gelingt, braucht es Menscheninteresse – noch besser
aus der Filiale Essen-Stehle. 20 Minuten hatten wir telefoniert und er ist es, seine Kunden zu lieben. Es geht nicht darum, dass man Le-
war unfähig auszudrücken, was er eigentlich wollte. In fassungsloser bensmittel liebt. Das ist ein Denkfehler. Wir kämen nie auf die Idee
Verarbeitung dessen, was ich erlebt hatte, erinnerte ich mich an eine zu sagen: »Wir lieben Windeln.« So ein Quatsch! Lieben kann man
Studie mit dem Titel: »Kindheit verstummt.« Es war der Bericht einer nur die Menschen, für die man tätig ist. Aber dafür muss man auch
Forschung, die wir mitfinanziert hatten. Ich las es und dachte: »Das sich selbst lieben.
ist genau das soeben erlebte Problem.« Die Tatsache, dass wir heute
so viel kommunizieren und die jungen Menschen einem solchen Be- IB Welche Entscheidungsfreiheiten räumen Sie Ihren Mitarbeitern ein?
eindruckungsbombardement ausgesetzt sind, birgt die Gefahr, dass Entscheidungsfreiheit kann man nicht einräumen. Es muss gelingen,
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