Page 16 - German Council Magazin 02.2014
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GERMAN COUNCIL . IN MOtION
Unternehmer ändern sich,
Manager machen weiter, wie gewohnt
Ein Gespräch mit dem Handelsweisen und dm-Drogeriemarktvorstand Prof. Götz
Werner über die Wichtigkeit von Bewusstsein, Sinnstiftung und Rhythmusgefühl.
Ein Treffen im April mit Prof. Götz W. Werner im Althoff Hotel am IB War dm damals Vorreiter?
Schlossgarten Stuttgart. Gut gelaunt kommt der dm-Gründer und Visi- Wo gibt es Vorreiter? »Alles Gescheite ist schon gedacht worden«, so
onär per pedes. In gelöster Stimmung genießen die Interviewer die zwei hat es Goethe gesagt. Der Drogeriemarkt von heute war damals die
Stunden im Hotelfoyer, in denen Prof. Werner ihren gewohnten Blick discountierende Drogerie: attraktiveres Sortiment, absolute Selbst-
auf den Handel aus den Angeln hebt. Ein Handelsweiser über die Wich- bedienung – oder besser, die Einbeziehung des Kunden in den Ar-
tigkeit von Bewusstsein, Kulturverständnis und Rhythmusgefühl. beitsablauf – und entsprechend günstigere Preise. Vorbilder gab es
bereits in der Lebensmittelbranche – Aldi oder Migros in der Schweiz.
Die Idee lag damals in der Luft, da der Wegfall der Preisbindung dis-
RW Herr Prof. Werner, 1973 setzten Sie sich mit den dm-Drogerie- kutiert und schließlich beschlossen wurde.
märkten in Gang – und machten so ziemlich alles anders als die alt-
eingesessene Drogistenfamilie, aus der Sie stammen ... IB Die erste dm-Filiale eröffneten Sie in einer Karlsruher Lauflage; erin-
Mein Vater war ein sehr kundenorientierter Mensch, musste aber sein nern Sie sich noch an Ihre erste Eröffnung in einem Shopping Center?
Geschäft verkaufen. Er hatte zwei Slogans. Der erste hieß »Drogerie Wer- Das war noch vor dm-Zeiten, im Hessen Center, einem der frühen ECE-
ner – vielseitig, höflich, preiswert«. Damit ist er gewachsen. Er hatte für Center. Ich arbeitete damals für eine Drogerie als Prokurist. Die Firma
die 50er- und 60er Jahre verhältnismäßig hohe Einnahmen mit seinen zu- schrieb Verluste. Ihr Geschäftsmodell war nicht produktiv genug für die
letzt etwa 20 Läden und rund 200 Mitarbeitern. Der zweite Slogan lautete Kosten, die im Center auf sie zukamen. Die damaligen Drogerien waren
»Drogerie Werner führt alles oder be- meist kleine Läden mit wenig Umsatz
sorgt es schnell«. Das war der Sargna- und hohem Aufwand. Oft wurden sie
gel für seinen Betrieb. In Heidelberg ›Sollen Kunden auf uns fliegen, müssen wir in einer eigenen Immobilie geführt
gab es viele Gastprofessoren oder einen Sog erzeugen‹ und die Mieten waren gewisserma-
ausländische Studierende, die sich ßen subventioniert. Also warnte ich
ihre Drogeriewaren in die ganze Welt Prof. Götz Werner die Geschäftsleitung: »Geht das so
nachschicken ließen und manchmal weiter, sind wir bald pleite.« Das hö-
die Rechnung nicht beglichen. Mein Vater war dennoch davon begeistert, ren erfahrene Unternehmer ungern von jungen Angestellten. Als ich ih-
jeden Wunsch zu erfüllen. Hätte ich die elterliche Drogerie übernom- nen dann erklärte, wie man es ändern kann, hörten sie es noch weniger
men, wäre es mir viel schwerer gefallen und dm wäre vermutlich nie das gern. Da blieb mir nichts anderes übrig, als mich selbstständig zu ma-
Unternehmen geworden, was es heute ist. Dass ich selbst bei null anfan- chen. Damals war ich 28 Jahre. Mit meinem ersten Ladenlokal in Karlsru-
gen konnte, war eine biografisch günstige Situation. Die Drogerien von he hatte ich Glück. Es war zentral und preiswert dazu. Nein, billig muss
damals waren ein Auslaufmodell. man sagen – denn preiswert kann auch teuer sein (lacht).
© Detlef Göckeritz © Detlef Göckeritz
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